Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bei Graben 
und Wasser- 
leitungen. 
392 Erster Theil. Achter Titel. 
auch jede Vereinzelung und außerordentliche Holzverkäufe gefallen lassen, wenn nach der Vorschrift 
des Edikts, wegen der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse und der erfolgenden Gemeinheits- 
theilungsordnung, diese Operationen nach dem Gutachten zweier Kreisverordneten nöthig sind und die 
Verwendung der Kauelder entweder in der Substanz der Güter oder zur Tilgung der darauf haf- 
tenden, den übrigen Hypothekarien vorstehenden oder die Mitberechtigten auch mit verpflichtenden Real- 
schulden geschieht 51½. 
§. 96. Wasserleitungen und andere Wasserbaue an öffentlichen Oertern und Flüs- 
sen müssen unter Aufsicht der Landespolizei geführt werden. 
§. 97. Besonders darf Niemand an öffentlichen Flüssen, wenn gleich auf seinem 
Eigenthume, Schleusen, Wehre, Dämme und Brücken anlegen oder ändern, ohne 
daß zuvor die Nachbarn vernommen und die Einwilligung des Staates beigebracht 
worden. 
§. 98. Die übrigett Enschränkungen der Rechte des Eigenthümers, in Rücksicht 
der öffentlichen Ströme 32), Hafen und Meeresufer, sind in dem Titel von den Rega- 
lien des Staats bestimmt. 
§. 99. Auch in Privatflüssen 5 7) darf zum Nachtheile der Nachbarn und Ufer- 
bewohner, durch Hemmung ös) des Ablaufs derselben nichts unternommen oder ver- 
ändert werden 538). 
  
nicht mehr bloß dem nächsten Folger, sondern nun auch den sämmtlichen Agnaten das Recht 
beigelegt. sei, die Sicherstellung durch Verwendung des Erlöses für außerordentliche Holzschläge in das 
Lehn zu verlangen. Allein das Kulturedikt bezweckt, die Grundbesitzer von den Beschränkungen in 
der Benutzung moglichst zu befreien, und hat diesen Zweck auch bei Lehusbesitzern deachtet, diese also 
nicht neuen Komtrolen unterwersen wollen. Am wenigsten hat das Ed. in der Person derjenigen In- 
teressenten, welche nach den Landesgesetzen die Befuguiß haben, den Lehnsbesitzer zu Überwachen, d. i. 
der nächste Lehnsfolger, eine Abänderung getrofsen. Aus diesem Ed. kann ein entfernterer Lehns- 
solger ein Recht, welches nur dem nächsten isteht, nicht herleiten. Vielmehr ist auch unter den im 
#§. 6 erwähnten Lehnsberechtigten nur der jedesmalige nächste Lehnsfolger, sofern er nicht noch unter 
der väterlichen Gewalt des wirklichen Besitzers steht, soust der nächste nach ihm, zu verstehen. Pr. 
des Obertr. vom 5. Septbr. 1845 (Entsch. Bd. XI. S. 428). 
ble) S. unten die Ges. v. 13. April 1841 u. v. 3. März 1850 in dem Zus. zu §S. 456, Tit. 10. 
52) Zu diesen Einschränkungen des Eigenthums gehört namentlich die Gestattung des Leinpfades. 
II, 15, F. 57. Pr. des Obertr. v. 9. März 1849 (Emtsch. Bd. XVII, S. 379). 
52 a) Privatflüsse siud solche, die auch nicht theilweise von Natur schiffbar sind. II. 15, 
§§. 38, 39. Pr. 2253, v. 22. November 1850. (4. A.) Ueber das Eigenthum an denselben: unten, 
Anm. 32 zu §. 180, Tit. 9. In einem Erk. vom 19. Dezember 1851 (Arch. für Rechtsf. Bd. 1IV, 
S. 211) sagt das Obertribunal: ein Privatfluß sei durch ein bestimmtes, abgegrenztes Bekte bedingt. 
Das ist nirgend vorgeschrieben und durch die Natur nicht geboten. — (. A.) Mit Rücksicht auf den 
Zweck des §. 99 muß — sagt das Obertr. — unter dem Auedrucke „Privatsluß“ jeder Privatwasser- 
lauf verstanden werden, welcher sich zwischen bestimmten Ufern in einem Bette fortbewegt. Daher 
sindet die Vorschrift des 8. 99 auch auf Abzugegräden Anwendung. Aber der Adiazent ist einer, 
den Ablaus des Wassers hemmenden Anlage nur dann zu widersprechen berechtigt, wenn seinem Grund- 
stücke erweislich ein „Nachtheil“ erwächst. Erk. voim 27. Januar 1863 (Arch. f. Rechisf. Bd. XIIK, 
S. 57). M. s. auch unten, die Anum. 47 zu §. 62, Tir. 15, Th. II. " 
53) Die bloß temporäre Aufstauung eines Privatbaches auf eigenem Grunde, wodurch das Was- 
ser den unterhalb gelegenen Grundbesitzern nicht gänzlich zurückgehalten, sondern nur unregelmäßiger 
zugeführt wird, ist für keine Hemmung des Ablauss und für keine Entziehung des Wassers im Sinne 
der Vorschrift dieses §. 99 und des §. 246, Tit. 15, Th. II zu achten. Pr. des Obertr. 1092, vom 
14. Jau. 1842. Der Rechtsfall ist mitgetheilt in Ulrich, Arch. Bd. VIII, S. 296. Vergl. auch 
die Gründe des Pl.-Beschl. vom 16. Jan. 1854, Eutsch. Bd. XXVII, S. 29. Der K. 99 enthält 
übrigens eine Abweichung von den Grundsätzen des Gem. Rechts. (5. A.) Die Bestimmung dessel- 
ben — sagt das Obertr. zutreffend — har vornehmlich die aus der Hemmung des Ablaufs für die 
Nachbargrundstücke durch Rückstau, insbesondere durch die in Folge desselben entstehenden Ueberschwem- 
mungen und sonstigen Nachtheile dieser Art, zum Gegenstande, und bezieht sich nicht auf die den 
Besivern der Ufergrundstücke zustehenden Rechte auf Benutzung des Wassers zur Berieselung dieser 
Grundstücke. Darüber konnten vor Erlaß des G. vom 28. Februar 1843, in Ermangelung speziel- 
ler diesfälliger Vorschristen, nur die auf dies Verhältniß anwendbaren allgemeinen Grundsätze, nicht 
aber der einen anderen Gegenstand betreffende §. 99, die Entscheidungsnorm geben. Nach diesen