Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

400 Erster Theil. Achter Titel. 
ler aber vollständig entschädigt, auch der Gegend Ersatz für ihr Interesse bei Erhaltung der Mühle ge- 
leistet werden kann. 
z. 13. Auch da, wo keine künstlichen Hindernisse des Abflusses vorhanden sind, kann jeder 
Grundbesitzer verlangen, daß ihm Abwässerungsgraben durch fremden Boden zu jiehen gestattet werde, 
sobald die vorerwähnten Bedingungen stattfinden. 
§. 14. Selbst zur Ablassung von Teichen und stehenden Seen kann unter gedachten Bedingun- 
gen (§. 11) die Gestattung der Vorfluth erfordert werden, und wird in so weit eine Ausnahme von 
dem emgegenstehenden Gesetz, A. L. R. Th. 1, Tit. 8, §. 117, nachgegeben. 
§. 15. Besitzer von Grundstücken, welche sich des auf ihren Ländereien stehenden ####) Wassers 
entledigen wollen und deshalb nicht gürlich mit den zur Stauung Berechtigten oder andern Grund- 
besitzern einigen können, müssen"" dd) von ihrem Vorhaben der Provinzial-Polizeibehörde Anzeige ma- 
chen 6 5 6), nachweisen, welchen Vortheil sie von dem Ablassen des Wassers erwarten, und darthun, 
daß sie bereits Mittel haben, die wahrscheinliche Entschädigung ohne Verzug zu bezahlen ##). 
5 16. Auf diesen Antrag wird sogleich eine Lokaluntersuchung durch sachkundige Kommissarien 
verfügt, welche ausmitteln: « 
a) wodurch der Zweck des Grundbesitzers am leichtesten erreicht werden könne? 
b) ob durch die beabsichtigte Entwässerung nicht andere Grundbesitzer leiden, oder ein Nachtheil da- 
von für die Schifffahrt oder öffentlichen Anlagen zu besorgen sei? 
§ 17. Die letztere Untersuchung muß auch für den Fall stattfinden, wenn beide Theile Über 
die Ablassung gütlich einverstanden sind. 
§5. 18. Auf den Grund dieser Untersuchung bestimmt die Provinzial -Polizeibehörde, ob die Ab- 
lassung des Wassers Überhaupt stattfinden könne und unter welchen Modalitäten sie ausgeführt wer- 
den mülsse. 
§. 19. Wollen die Interessenten sich diefer Bestimmung nicht unterwerfen, so findet dagegen 
keine gerichtliche Klage, sondern nur Berufung auf die höhere Polizeibehörde statt 5#2). 
68 b) (1. A.) Unter stehendem Wasser werden solche Wasseransammlungen verstanden, welche 
sich nicht aus wild abfließendem Regemwasser bilden, vielmehr ihre eigenen Quellen oder regelmäßigen 
Zuflüsse haben. Erk. des Obertr. vom 9. September 1857 (Entsch. Bd. XXXVI, S. 39). 
⁊ 68 bd) (5. A.) Diese Bestimmung hat nur eine fakultative, keine zwingende Bedeutung. Unten, 
um. 70 #. 
68ec) (4. A.) Wenn der Vorfluthbedürftige miit Vorbeigehung der zuständigen Behörde sich sclbst 
die Vorfluth verschafft, so ist in Betreff der Negatorienklage des dadurch Belasteten der Rechtsweg nicht 
ausgeschiossen. Erk. des Obertr. v. 22. Mai 1860 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXVIII, S. 30). Denn 
Einrichungen, welche mit Umgehung der Vorschriften §§. 15—19 behufs Berschaffung der Vorfluth auf 
einem Grundstücke ohne Genehmigung des Eigenthümers getroffen worden sind, enthalten eine Ver- 
letzung der Rechte des Letzteren, die derselbe nicht zu dulden draucht. Die erfolglose Anrusung des 
Landraths ist ebenso unerheblich, wie der Umstand, daß der Beklagte in der Person des Eigenthümers 
des betroffenen —JJ — geirrt habe, Gründe, aus welchen der Appellarionsrichter den Kläger abge- 
wiesen hatte. Erk. dess. vom 12. Februar 1863 (Arch. f. Rcchtsf. Bd. XI.VII, S. 348). 
69) Die Vorschrift setzt beständig unter Wasser stehende Flächen (Seen, Teiche, Sümpsfe) voraus, 
und bezieht sich nicht auf angesammeltes Regenwasser. Die Gestattung der Vorfluth für Regenwasser 
ist wie die Einräumung einer nothwendigen Servitut zu behandeln. I§. 102—105 d. T. Auch Ab- 
leitungskanäle zu Drainirungsanlagen auf nassen Aeckern fallen unter eben diese Grundsätze, können 
also nicht auf Grund des Vorfl.-Ed. gesordert werden. — (4. A.) In Uebereinstimmung hiermit sagt 
das Obertr.: Der §. 15 setzt voraus, daß ein Grundbesitzer sich des auf seinen Ländereien stedenden 
Wassers durch Ablassen desselben entledigen will und zu diesem Zwecke die Herstellung einer beson- 
deren Eutwässerungsanlage beabsichtigt, durch welche ein neuer Wasserlauf über benachbarte Grundstücke 
da, wo bisher kein solcher vorhanden war, bewirkt, oder doch der bereits vorhandene wesentlich ver- 
ändert wird. Wenn aber durch einen bereits vorhandenen alten Graben minelst eines neu angelegten 
Grabens das sichende Wasser nur in größerer Menge abgeleitet werden soll, ohne daß der bisherige 
Wasserlauf dadurch wesentlich veräudert wird; so z dies unverboten und der §. 15 findet auf diesen 
Fall nicht Auwendung. Erl. des Obertr. v. 11. Februar 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLIX, S. 2). 
69 #) Bei Sereitigkeiven über Entwässerungsanlagen und die daraus hervorgehenden Entschädigungs- 
ansprilche ist der Rechtsweg zulässig. Erk. des Gerichtsh. zur Enesch, der Kompeienzkonfl. v. 27. Mai 
1852 (J. M. Bl. S. 252). 
(t. A.) Die Entscheidung über die Gewährung der Vorfluh und über die Art der Ausführung 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.