430 Erster Theil. Neunter Titel.
5. 51. Vielmehr muß er von Amtswegen, so viel an ihm ist, dafür sorgen, daß
die Sache dem Verlierer wieder zugestellt werde.
§. 52. Hat der Richter den Zuschlag dennoch vorgenommen, so geht das Eigen-
thum der Sache auf den Finder und die Armenkasse dadurch nicht über.
§. 53. Können jedoch diese nicht überführt werden, von der Anzeige des Verlie-
rers Kenntniß erhalten zu haben, so erlangen sie durch den richterlichen Zuschlag die
Rechte eines vollständigen redlichen Besitzers.
5. 54. Der Richter aber soll, wenn er die Vorschrift §§. 50, 51 vorsätzlich,
oder aus grobem Versehen übertreten oder vernachlässigt hat, ermstlich darüber bestraft
werden.
§5. 55. Außer dem §. 52 bestimmten Falle ist gegen den richterlichen Zuschlag
keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig?s).
§. 56. Beträgt jedoch die verlome Sache Einhundert Thaler oder mehr an Werth,
und der Verlierer kann nachweisen, daß er ohne alles sein Verschulden von dem ergan-
enen Aufgebote Wissenschaft zu erhalten, und die §S. 50 angegebene Vorsicht zu brau-
hen verhindert worden, so kann er sich an den Finder und die Armenkasse in soweit
halten, als dieselben in dem Besitze eines Vortheils aus dem Zuschlage sich alsdann
noch wirklich befinden 7).
Was Nech- §. 57. Meldet sich vor dem Zuschlage Jemand, welcher die Sache, als von
tens, wenn
der Verlierer ihm verloren, in Anspruch nimmt, so muß er nachweisen, daß er dieselbe vorher beses-
fich meldet. sen habe.
8. 58. Ist die Sache so beschaffen, daß sie, ihrer Natur nach, von Andern glei-
cher Art nicht unterschieden werden kann, so muß der Ansprechende besonders nachwei-
sen, daß die aufgebotene Sache ebendieselbe sei, welche er verloren hat 20).
27) Die Vorschrist geig. von geringem praktischen Takte. Deu Richtern ist wegen dieser Kuflage
Glück zu wünschen. Der Referent ist darnach verpflichtet, alle Journale, Kreis -, Lokalblätter und
Zeitungen, welche in seiner Provinz herauskommen, durch die ganze Zeit seil dem ällesten Funde bis
zum Tage des Vortrages durchzulesen, wenn er gewissenhaft seine Pflicht erfüllen will. Das geht ins
Lächerliche. Wie soll ein Referent in Berlin damit zu Stande kommen, zumal wenn seine Samm-
lung von Fundsachen etwas stark angewachsen ist, und woher soll er nur alle diese Zeüschriften erhalten?
Das ist selbst den höheren Autoritäten bedenklich vorgekommen. Der J.M. hat deshalb Rath gegeben,
wie man sich behelsen möge. In einem R. v. 1. August 1825 giebt er dem Kammergerichte die An-
weisung, don dein Finder und von der Orts-Armenkasse die Herbeischaffung eiues Zeugnisses der
Intelligenzblätter = Expedition zu fordern, daß keinc öffentliche Bekauntmachung des Verlustes erfolgt
sei. Allein wenn dieser Aufsorderung nicht genügt wird, welchen Verlauf soll die Sache nehmen, d. 4
wie soll das Gericht sich der Sache endgülug entledigen ? Außerdem ist dieses Auskunftsminel mit
der Aufhebung des Intelligenn : Insertionszwanges verloren gegangen. Ein späteres R. v. 21. Januar
1839 äußert die Meinung, daß in vielen Fällen die Einsicht weniger Blätter (es ist ungewiß, ob we-
nige Zeitschriften oder wenige Stücke oder Nummern von jeder Zeitschrift gemeint sind) auereichen
werde, um der gesetzlichen Vorschrift zu genügen, da über die muthmaßliche Zeit des Verlustes nicht
zurückgegangen zu werden brauche. Ein Zeitraum von 3 Monaten erscheine hierbei als die äußerste
Grenze; man moöchte alle 3 Monate mit dem Aufgebote vorschreiten. (J. M. Bl. 1839, S. 64.) Aber
auch dieser Vorschlag berücksichtigt die Wirklichkeit nicht. Die Sammlung muß bieweilen Jahr und
Tag alt werden, wenn man nicht ein aues Feuerstahl in Gesellschaft mit einem Pfeifenkopse oder einem
alten Sacktuche allein aufbieten will. Die Wahrheit ist, daß man gar nichts durchsieht, weil der Re-
serent erstens nicht alle Zeitungen und Anzeigeblätter hat, und zweitens die zu deren Durchsicht erfor-
derliche Zeit von Monaten, um der bloßen Bagatelle willen, nicht zugemessen erhält.
28) Das Rechtspringip des R. N. ist, bei eintretender Unausfindbarkeit des gewesenen Eigenthü-
mers einer gesundenen Sache, Usukapion pro derelicto. Das deutsche Rechtsprinzip ist fingirte Dere-
liktion nach vergeblichem Ausgebote. An dieses schließt sich das L. RK. an. Der Zuschlag oder Aus-
spruch des Nichters ist weseutlich nichts anderes, als Feststellung des Falles, wo die Okkuparion statt
hat. Dieses wäre die eigentliche Bedeutung des richterlichen Urtheils. Der folgende §. 56 macht eine
Ausnahme von der als Regel angenommenen Filton der Dereliktion, iudem unter den angegchenen
beiden Bedingungen die Wuklichkeit Geltung haben soll- v
29 S'dd vor. Anm. Die actio in lactam wegen Bereicherung dauert 30 Johre. Bergl.
z8. 494 ff. d.
50) Sein Gegner, welchem gegenüber er sich zur Sache zu ziehen, nämlich den Beweis des