Von Erwerbung des Eigenthums. 437
§. 103. Wer aber in Ansehung eines auf eigenem Grunde und Boden gefunde-
nen Schatzes einer gleichen Vernachlässigung der gesetzlichen Vorschriften sich schuldig
macht, der soll dafür nach Verhältniß der Umstände, der Beträchtlichkeit des Schatzes
und seiner sich ergebenden unerlaubten Absicht bei der Verheimlichung, mit einer Geld-
strafe bis zur Hälfte des Werths des daran ihm gebührenden Antheils belegt werden 15).
§. 104. Verborgene Sachen, deren Eigenthümer nicht zweifelhaft ist, oder leicht
entdeckt werden kann 7°), können niemals als gefundene Schätze angesehen und behan-
delt werden.
S§. 105. Ist aber der, welcher die Sache verborgen hatte, gestorben, so kann
derjenige, welcher durch seine Anzeige oder Entdeckung den Erben zu dem Genusse der
Sache, den sie sonst wahrscheinlich hätten entbehren müssen, verholfen hat, in sofern
keine besondere Verpflichtung zur unentgeltlichen Vorsorge für das Beste der Erben bei
ihm obwaltet, die nach S. 62 sad. einem Finder ausgesetzte Belohnung fordern.
§. 106. In wiefem die unter der Erde verborgenen Naturschätze von Privatper- n ee
sonen aufgesucht und in Besitz genommen werden können, ist gehörigen Orts bestimmt. «
Clng - Tit. 16, Abschn. 4; an dessen Stelle das Allgemeine Vergaeser vom 24. Juni
D.
Vierter Abschnitt.
Bom Tyierfauge.
Temme, Lehrbuch des Preußischen Civilrechts, Bd. 1. S. 254 ff. — Mein Preußisches gemei-
nes Privatrecht, 3. Ausg., Bd. 1, §. 245.
§. 107. Das Recht des Thierfanges erstreckt sich nur auf solche Thiere, welche 1. Lem
noch von keinem Menschen gefangen und gebändigt worden. überhautt.
8. 108. Doch sind auch eingefangene und zahm gemachte Thiere, wenn sie in
ihre natürliche Wildheit zurückgekehrt waren 1), ein Gegenstand des Thierfanges.
acerescendi, wie es unter mehreren Miteigenthümern aus einer Schenkung vorkommt. Diese An-
wendung des Anwachzsrechts findet sich aber nicht. Außerdem aber ist zu beachten, daß hier von einer
Strafe des Finders Rede ist. Was Jemand zur Strase verliert, kann, außer dem sich nie von
selbst verstehenden Falle der Privatstrase, keiner Privatperson zufallen, sondern wird von dem Fiskus
eingezogen. — Gewiß ist übrigens, daß die Gesetzgebung in ihrer positiven Beschaffenheit unvollstän.
dig ausgefallen ist; denn auch in dem §. 103 ist die Logik schwer zu finden. Es ist zweiselhaft: ob
er die auf das Finderrecht fallende Hälfte verlieren und überdies noch bis zur Hälfte seines Antheils
bestraft werden, oder ob er das Ganze behalten und nur bis auf ein Viertel defselben Strafe leiden
soll. Denn sein „ihm daran gebührender Antheil“ ist doch immer das Ganze, wenn er zugleich der
Finder ist. 5. 81. (3. A.) Die hier vertretene Meinung ist auch von dem Obertr. für die richtige
erkannt, nach dem Pr. 2625, v. 11. Mai 1855: „Wenn die dem Finder gebührende Hälfte eines
auf fremdem Boden enddeckten Schatzes, wegen Unterlassung der im 8. 102 d. T. vorgeschriebenen
Anzeige, dem Finder entzogen wird, so fällt dieselbe nicht an den Grundeigenthllmer, wird vielmehr
zu Gunsten des Fiskus erledigt.“ (Entsch. Bd. XXX, S. 4321.)
19) S. die vor. Anm. 18. a. E.
20) Dieser Fall ist z. B. vorhanden, wenn an oder bei den entdeckten Sachen Nachrichten über
den Niederleger gefunden werden, oder wenn sonst dergleichen glaubwürdige Nachrichten vorhanden
find. Außerdem muß ein Jeder, welcher das Eigenthum oder doch die Niederlegung einer aufgefun-
denen verborgenen Sache behauptet, solches Legen den Finder und Grundherrn beweisen, wenn diese
vermöge ihres Rechtes Anspruch darauf machen. Denn diese sind im rechtmäßig erworbenen Besitze,
welcher dadurch, daß sie zur Ablieferung von Polizei wegen gezwungen sind, seine rechtliche Wirk-
samkeit in Beziehung auf die Parteirolle, welche ihnen bei dem Streite des Prätendenten mit ihnen
zusällt, nicht verliert. (4. A.) Der §. 104 darf aber nicht so ausgefaßt werden, daß der Eigenthums-
prätendent sein Eigenthum an den verborgenen und gefundenen Sachen nothwendig anderweitig voll-
ständig nachweisen müsse, und daß er zur Ergänzung des Beweises zum Erfüllungseide nicht ver-
stattet werden dürfe. Diese Ausnahme von der Regel ist für diesen Fall nirgend vorgeschrieben.
Erk. des Obertr. vom 15. Dezember 1862 (Archiv f. Rechtsf. Bd. XLVII, S. 240, 242).
1) Das äußere Kennzeichen sehlt. Niemand kann z. B. einem zahmgemachten Rehe, welches in dem
Gebüsche des Nachbars angetroffen wird, ansehen, ob es in seine natürliche Wildheit zurüclgekehrt ist.