Von Erwerbung des Eigenthums. 465
§5. 276. Will 25) der Nutzungsberechtigte des Bodens die Früchte genießen, so
muß er dem Andern den Werth des Saamens oder der Pflanzen, nebst den Bestellungs-
kosten vergüten.
5. 277. Ist die Bestellung redlicher Weise geschehen, so müssen dem Bestellenden
alle erweislich verwendete Kosten erstattet werden.
§. 278. Hat aber derselbe sich der Bestellung eines fremden Ackers unredlicher
Weise angemaßt, so kann er den Ersatz der Kosten nur so weit fordern, als dieselben,
nach der in jeder Provinz oder Gegend gewöhnlichen Art des Betriebs, wirthschaftlich
verwendet worden.
§. 279. Will der Nutzungsberechtigte von der Bestellung keine Früchte ziehen,
sondern den Boden anders nutzen, so kann ihm dergleichen Verfügung nicht gewehrt
werden.
5. 280. Alsdann kann der Säende oder Pflanzende bloß den Saamen oder die
Pflanzen, soweit es ohne Beschädigung des Grundstückes möglich ist, zurücknehmen 5).
281. Will der Nutzungsberechtigte des Bodens die Früchte des Gesäeten oder
Gepflanzten dem Säenden oder Pflanzenden überlassen, so muß Letzterer dagegen dem
Ersteren für die entzogene Nutzung des Bodens, nach Verhältniß des Gradee seiner
Verschuldung gerecht werden.
§. 282. Wenn das Grundstück selbst von dem Säenden oder Pflanzenden red-
licher Weise besessen worden, so hat es, auch in Absicht der erfolgten Bestellung dessel-
ben, bei den wegen der Rechte und Pflichten eines redlichen Besitzers überhaupt vor-
handenen gesetzlichen Bestimmungen sein Bewenden. (Tit. 7, 5. 189 sqg.)
mitunter noch immer nicht auf den Standpunkt der Wisseuschaft zu erheben. Die ver in den §§. 275 ff.
getroffenen Bestimmungen gekeren der Lehre von der unmittelbaren Erwerbung des Eigeuthums
an, wie das Rubrum des Titels 9 und die §§. 5, 7 ff. ausdrücklich sagen. Diese Erwerbungsart
unterscheidet sich von der mittelbaren darin, daß der Erwerber das Eigenthum ursprünglich erwerben
will, d. h. daß er keinen Auktor oder Gewährsmann hat. Leitet er seine Erwerbung von einem Vor-
manne ab, so ist die Erwerbung, mag der Titel gültig sein oder nicht, eine mittelbarez; ist der
Titel unglig. so ist auch die Erwerbung ungültig, wird dadurch aber keine unmittelbare. Nun ver-
nünftelt ein Appell.-Gericht bei der Enfsiheideng eines Falles, m welchem Jemand das Grundstück
eines Anderen, auf Grund eines lästigen aber nur mündlich geschlossenen Vertrages, in Nutzung er-
halten und demzufolge bestellt und besäet hatte, wie folgt, um ihm die Ernte abzusprechen: „ein Recht
dazu (sich die Aberntung anzumaßen) habe Kläger nicht auch etwa aus dem Umstande herleiten kön-
nen, daß er den Acker gedüngt, gepflügt und bestellt hatte, vielmehr habe ihm deshalb nur ein An-
spruch auf Ersatz der aufgewendeten * gegen den Verklagten nach Maßgabe der Bestimmungen
des A. L. R. I, 9, §8. 275 ff. gebühn während der Verklagte vollkommen befugt gewessen sei, den
Weizen für sich zu behalten.“ 6 Obertr. sagt dazu sehr milde, daß auch hierbei bezüglich auf den
von dem Kläger behanpteten mündlichen Vertrag (den das Appell.-Gericht auf Grund des F. 233, I,
21 für ein Prekarium erklärt hatte, s. Anm. 2 zu diesem §. 233) ein Mißverstäundniß zu Grunde
liege. Diese Vorschriften, 8 ass. weiter, fänden da nicht Anwendung, wo das Säen und Pflan-
zen in Folge eines, wenn auch hinsichts der Form mangelhaften, Vertrages, als Titels einer mittel-
aren Erwerbungsart (bei der ein Auktor existire und eine Suceession stattfinde), und einer darauf
gegründeten Besitzeinräumung, also bei bestehendem Vertragsverhältmisse stattgefunden habe. Vielmehr
aben hierfür die auf diesen Titel (Bertrag) Bezug habenden Vorschristen, auch soweit sie lber die
ertragssorm und über die bei Nichtbeoba ung. der gesetzlichen Form eintreteunden Folgen dieponiren
(d. h. mit Ausschtießung uenes §. 233, I. 21), die Entscheidungsnorm. Dies habe hier der Appella-
tionsrichter verkannt. k. vom 4. Februar 1864 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LV, S. 31). Das ist dem
Rechtsverständigen einleuchtend.
25) Die Ei enthumserwerbung grt also doch nicht unbedingt durch das Säen und Pflanzen von
Statten, vielmehr erst durch den Willen des Nutzungsberechtigten. Dieser hat zwischen drei Zuläs-
sigkeiten die Wahl. Er kaun die Pflanzung sich zueignen (§. 276); er kann die Wegschaffung fordern
(58. 279, 280); er kann sie dem Säenden oder Pflanzenden üÜberlassen (§Sg. 281, 282).
26) Dies muß sofort nach der Erllärung des Nutzungsberechtigten Bcheben damit die Umacke-
rung kein Hinderniß finde; widrigenfalls der uhungsbercchtigte mit der Bodenbearbeitung ohne Rück-
cht auf die darauf stehenden fremden Pflanzen vorgehen kann. Vergl. §s. 295 d. T. Nur dürfen
Säenden oder Pflanzenden keine Hindernisse in der Ausübung seines jus tollendi vorsätzlich be-
reitet werden.
Koch, Allgemeines Landrecht I. 5. Anfl. 30