Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Erwerbung des Eigenthums. 469 
§. 317. Bleibt dieses zweifelhaft, so entscheidet, unter mehreren Eigenthümern, 
über die von ihnen zu treffende Wahl, das Loos. 
§. 318. Behalten nach diesen Grundsätzen die mehreren Eigenthümer der Mate- 
rialien das Eigenthum des nunmehrigen Ganzen, und sind ihre Materialien gleichar- 
tig gewesen, "o werden sie Miteigenthümer des Ganzen. 
S. 319. Waren die Materialien ungleichartig, so hat derjenige das Vorrecht, 
dessen Antheil von größerem Werthe gewesen ist. 
§. 320. War der Antheil der mehreren Interessenten von gleichem Werthe, so 
muß des Loos entscheiden 1 8): wer das Ganze, gegen Abfindung der übrigen Interes- 
senten, behalten 1 3 8) soll. 
§. 321. Die Abfindung wird nach Verhältniß des Werths der jedem Interessen- 
ten gehörig gewesenen Materialien, zu dem Werthe des daraus entstandenen Ganzen, 
so wie letzterer zur Zeit der Auseinandersetzung beschaffen ist, festgesetzt. 
§. 322. Können die Interessenten über den Werth des nunmehrigen Ganzen sich 
nicht vereinigen, so muß derselbe durch eine unter ihnen anzustellende Licitation be- 
stimmt werden. 
5. 323. Der Meistbietende behält alsdann das Ganze, und mufß die übrigen 
nach der Bestimmung des F. 321 abfinden " 4). 
§. 324. Ist Jemandes Thier von dem Thiere eines Andern befruchtet worden, br p e 
so verbleibt die daraus entstandene Frucht dem Eigenthümer der Mutter. fremder 
§. 325. Ist die Befruchtung mit Vorwissen und Genehmigung dieses letztern ge- Thiere. 
schehen, so muß er dem Eigenthuͤmer des befruchteten“) Thieres eine in den Polizei- 
esetzen und Ordnungen jedes Orts, oder Distrikts, näher bestimmende Vergütung““) 
eisten. 
§ 326. In wiefem bingegen falls die Befruchtung ohne Vorwissen und Geneh- 
migung eines oder des andern Theils erfolgt ist, einer dem andern zur Schadloshal- 
tung verpflichtet sei, ist nach den Grundsätzen des Sechsten Titels zu bestimmen"7). 
§. 327. Hat Jemand ein für sich selbst bestehendes Gebäude "/) auf fremdem 188) #..e 
Grunde und Boden 15) ohne Vorwissen des Grundeigenthümers errichtet; so hängt es krendem . 
von dem Grundeigenthümer ab, das Gebäude zu eeßalzen. oder auf dessen Wegschaf= #)%% 
fung und Abbrechung zu dringen 20). 
43) Bis dadin sind sämmtliche Theilbaber Miteigenthümer. Durch das Auescheiden der Uebrigen 
wird der Gewinner Alleineigenthümer vermöge des Akkrescenzrechts. Er hat von Jedem für dessen Antheil 
Gewährleistung zu sordern, nach den Grundsätzen über die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache. 
43 #) Es geht miihin keine Besitzveränderung und keine neue Erwerbung vor sich. S. die vor. 
Anm. 3 zu §. 1, Tit. 11. 
440 Die ganze in den §#§. 315—323 abgehandelte Theorie ist ohne Geschichte. 
45) Soll heißen: „befruchtenden". R. v. 29. Dez. 1837 (Jahrb. Bd. L. S. 469). 
46) Unter der Benennung: „Sprunggeld“ bekannt. Dergl. Vergütung ist übrigens bei sog. klei- 
nem Viehe nicht Üblich. 
47) In der That kann der Eigenthümer des Mutterthieres durch die ohne sein Wissen und Wil- 
len von einem Anderen vorsätzlich veranlaßte Befruchtung erheblich beschädigt werden. Man denke an 
die Bedeckung eines Vollblut-Renners von hohem Werthe durch einen Esel. 
) (5. A.) Hellfeld, Jurisprudentia forensis, §§. 1742, 1743. E. G. Wächter, das Bauen 
(L g. Insedllcatio); in Weieke's Rechtslexikon, Bd. 1, S. 25, Nr. 5, lir. b. — Mein Preußisches 
Privatrecht, a. a. O. 8. 24, II, 1. 
48) Darunter ist jedes selbstständige Bauwerk zu verstehen, auch eine Mauer. Bgl. den Rechts- 
sall in Ulrichs Archiv X., 60. Nur muß die Bauanlage ganz auf fremden Boden gebaut werden, 
sonst kommen die Vorschriften Ss. 340 ff. zur Anwendung. (4. A.) Bgl. Erk. des Obertr. v. 29. April 
1858 (Cutsch. Bd. XXXVIII. S. 76). 
48 % (4. MA.) Oder gemeinschaftlichem. Erk. des Obertr. vom 9. Januar 1854 (Archiv f. Rechtsf. 
Bd. XI. S. 216). 
49) Oder auf eine fremde Mauer. 
50) Wer aber inzwischen Eigenthümer des Gebäudes ist, weiß man hieraus nicht. Nach R. R. 
 
	        
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