Von Erwerbung des Eigenthums. 477
§. 351. Was wegen eines Inbegriffs von Sachen und Rechten überhaupt vor-
geschrieben ist, findet auch bei Erbschaften Anwendung. (Tit. 2, §. 32 sag.)
§. 352. In wiefern die Erbschaft durch das, was gewisse Miterben bei der Thei-
begriff des Vermögens einer Person, wenn die Rechtssähigkeit derselben ausgehört hat, sei dies durch
den leiblichben Tod, oder durch Todecserklärung, oder durch froiw3ige Ablegung der Rechtsfähigkeit
(Klostergelübte), — deren Verlassenschaft (Tit. 2, §. 34). Von dem llebergange der herrenlos gewor-
denen Vermögensmasse als eines Ganzen an einen anderen Herrn handelt das Erbrecht; in Beziehung
auf diesen Erwerber nennt das L. R. die Masse Erbschaft (Tit. 2, §. 35). Zur Erwerbung der Erb-
schaft ist nach der Theorie des L. R. ein Titel, d. h. ein Anfallsgrund, und die Handlung der Erwer-
bung ersorderlich; in der Wirklichkeit aber fällt die zweite weg, indem der Anfallsgrund ganz allein,
ohne Dazurrin einer Handlung des Nochselgeror die Erbschaft auf diesen überträgt. (§§. 367, 368
d. T.) Um so weniger läßt sich von der Erwerbung einer Erbschaft erschöpfend handeln, ohne die
verschiedenen Ansallsgründe zu beachten. In dem Systeme des L. R. aber findert sich keine passende
Stelle für das Erbrecht im Zusammenhange. Denn die Verfasser haben die dinglichen Rechte nur
als Folgen oder Cntwickelungen der Obligationen und sonstigen Rechtshandlungen aufgesaßt und da-
her diese als Erwerbungemittel dinglicher Rechte in Betracht gezogen. Dadurch ist man genäthigt
worden, die Lehre von dem Uebergange der Vermögensmasse einer Person nach dem Wegjalle ihres
Eigenthümers stückweise an mehreren Stellen vorzutragen, und das, wofür sich keine passende Sielle
Eianden dat, ganz wegzulassen. So ist man dazu gekommen, die Lehre von der Erwerbung der
Trbschaft als unminelbare Erwerbungsart, und die Testamente als Titel zur mittelbaren Erwerbung
des Eigenthums zu behandeln, die übrigen Ansallsgründe gelegentlich an verschiedenen anderen Stel-
len vorzutragen, und das Verhäluniß mehrerer Muerben unter sich und zu Dritten in den Titel
vom gemeinschaftlichen Eigenthume zu verweisen. Weggelassen dat man die allgemeinen Grundsätze
Über die Unwülrdigkeit, über das Anwachsrecht bei anderen Anfallsgründen als dem Testamente, über
das zur Anwendung kommende Erbrecht bei mehreren Wohnsitzen des Erblassers, worüber man jetzt
streitet (s. o. Anm. 30 zu §. 23 der Einl.) u. dergl.
1) Es versteht sich, daß hinsichtlich eines für todt Erklärten nur die Vermögensmasse als Erb-
schaft behandelt werden kann, welche an den Orten befindlich ist, wo er für verschollen girr. Die
Todeserklärung ist nichts als die preuß. Form der wissio des nächsten Erben eines Abwesenden in
Possessionem.
2) Die in diesem 8. gegebene Begriffsbestimmung der Erbschaft ist nicht verschieden von der in
g8. 34 und 35, Titel 2; denn sie umfaßt hier, wie dort, alle Vermögensrechte. (5. A.) Dazu gehö-
ren also z. B. auch die Rechte, welche der Erblasser aus einem Bersicherungsvertrage mit dem Ber.
sicherer erlangt hat, und der Erbe, welcher lediglich als solcher in diese Rechte eingetreten ist, dat
keine Vefugnt#, sie nicht als einen Bestandtheil des Nachlasses zu betrachten, resp. die dadurch erlang-
ten Mitrel für sich zu bedalten, ohne sie zur Deckung der Nachlaßschulden zu verwenden. Erk. des
Obertr. vom 8. Mai 1866 (Arch. f. Rechtef. Bd. LXII, S. 339). — Ferner gehören dazu die an-
dängigen Injurienklagen; desgleichen das Recht des Wechselnehmers, einen nicht vollständig ausge-
füllten Wechsel durch das Hinzusügen des Zahlungstages und des Remittenten ergänzen zu dürfen.
S. Anm. 8 # zu §. 360 d. T. — Daß dort der „Pflichten“ nicht gedacht ist, während hier von „Rech-
ten und Pflichten“ gesprochen wird, darf nach der Sprechweise des L. R. nicht Anstoß geben, indem
das L.N. unter „Rechten und Pflichten“ die Obligationen versteht. S. o. die Anm. 97 zu 8. 72 der
Einleitung, und die Anm. 25 zu §. 33, Tit. 2. An andere Pflichten als vermögenerechtliche (Obli-
gationen) ist nicht zu denken. f. 360 d. T. Der dem gemeinen Sprachgebrauche angehörige Aus-
druck: „welche an der Person dasten“, veranlaßt die wunderlichsten Sereitigkeiten. An der Person des
Rechtssubjekts haftet Alles, was ihm zusteht. So hat man darüber gestritten, und das Obertr. macht
eine sehr wichtige Miene bei der Findung der Entscheidung: ob ein Berstorbener (in der Person seiner
Erben) schuldig sei, ein verbindliches Eheverlödniß in eine Ehe zu verwandeln, d. h. der Frauensper-
son die Rechte einer Wittwe des Verstorbenen beizmemn. Man s(. den Rechtsfall in den Entsch. des
Obertr. Bd. XXII. S. 264, noch dazu ein Plenarbeschluß. Was soll man dazu sagen! Der Rechts-
grundsatz ist: es erlischt Alles mit dem Untergange der Person, was in das Persfonenrecht, d. h. zu
den Standesrechten (Statusrechten) und Familienrechten gehört. (5. A.) Daher fagt das Obertr. zu-
treffend, es enthalte einen Widerspruch, wenn der Appellationsrichter das Anerkenntniß einer Franens-
person, sie sei unchelich geboren, für die Erbden derselben bindend erachte und zugleich eben we-
dieses Anerkenntnisses ihnen ein Erbrecht an dem Nachlaß eines legitimen Seitenverwandten der
danach unehelich geborenen Mutter abspricht. Denn die eheliche Geburt mit den davon abhängigen
milien = und Erbrechten ist kein vererbliches, zur Erbschaft gehöriges Vermögensrecht, und kein
ustand, Über welches die betreffende Person durch ein Anerkenntniß gültig bestimmen und ihre
Erben irgendwie binden könnte. Erk. vom 18. Juni 1866 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXIV, S. 146).