488 Erster Theil. Neunter Titel.
8. 401. Dem in einem rechtsgültigen Testamente ermannten Erben steht es nicht
frei, der Erbschaft aus dem Testamente zu entsagen, und den Nachlaß als gesetzlicher
Erbe in Besitz #u nehmen 0).
§. 402. Ist er aber durch die Verordnung des Erblassers an einem ihm gebüh-
renden Pflichttheile verkünt worden, so kann er auf dessen Abreichung oder Ergänzung
antragen. (Th. II, Tit. 2, Abschn. 5.)
§. 403. Die Entsagung einer Erbschaft begreift die Begebung solcher Forderun-
gen, welche den Erben an den Nachlaß aus einem anderm 1) Grunde zukommen, nicht
unter sich.
§. 404. Wer also einer Erbschaft entsagt, begiebt sich dadurch nicht der durch den
Erblasser auf ihn verfällten Lehne, Fideikomnisse oder anderer Vermögensstücke, welche
onr nach Verträgen oder Gesetzen, ohne Rücksicht auf die Eigenschaft eines Erben, zu-
ommen.
S. 405. Wer einer durch Testament ihm angetragenen Erbschaft entsagt, verliert
dadurch noch nicht sein durch einen Vertrag erworbenes Erbrecht "1#).
S. 406. So weit ein Erbe der Erbschaft gültig entsagt, tritt derjenige, welchen
der rechtsbeständige Wille des Erblassers oder in dessen Ermangelung die Gesetze ").
als den nächsten nach ihm, berufen, an seine Stelle ¼3).
zur Gültigkeit genügt die privatschriftliche Form. Darüber ist man jedoch nicht einig. Nach der Mei-
nung des Revisore soll der §. 400 erst bei der letzten Revision des Eutwurfs, offenbar aus dem
Grunde, eingeschoben worden sein, um von demjenigen, welcher eine sormell unglltige Erklärung ab-
egeben, dieselbe jedoch für gültig gehalten hat, die Nachtheile der Verabsäumung der rechtzeitigen Ein-
ringung des Inventariums abzuwenden. Die Vorschrift des §. 400 soll daher nur zu Gunsten des
Entsagenden in Anwendung kommen, nicht aber zu dessen Nachtheile wirken, dergestalt, daß er selbst
die Erklärung jederzeit widerrusen, aber sich damit auch gegen die Ansprüche der Erbschaftsgläubiger
und der Legatarien schützen könne. (Bornemann, System, Bd. II. S. 456.) Diese Deutung wi-
derspricht dem deutlichen und unzweiselhaften Wortsinne des S. 100. Um davon abzugehen und die
assung des Eeletzes zu ändern oder zu ergänzen, muß der Ausleger ganz besondere und schlagende
ründe haben. Vergl. Einl. §. 46 und Anh. §. 2 und die Anm, dazu. An einem solchen Grunde
fehlt es hier gänzlich. Das Befremdliche, daß im §. 400 die priwatschriftliche Form für genügend er-
klärt wird, nachdem unmittelbar vorher in den 88. 398 u. 399 die gerichtliche oder notarielle Form
unbedingt vorgeschrieben worden zu sein scheint, verschwindet bei dem Umstande, daß der §8. 400 erst
in den fertigen Entwurf eingeschaltet worden ist. (Ges.-Rev. Pens. XVI. Mot. zu Tit. 9, Abschn. 8,
S. 12.) Dadurch ist die Bestimmung der §§. 398 und 399 eben verändert worden, ohne daß die
Fassung entsprechend abgerundet worden ist, was oft vorkommt. Vergl. u. die Anm. 54 zu §F. 415.
((. A.) Die Praxis hat in letzter Instanz angenommen, daß die Vorschrift des V. 400 nicht bloß zum
Vortheile, sondern auch zum Nachtheile des Entsagenden gelte, nur ist zur Gültigkeit der schriftlichen
Erbschaftsentsagung eine auedrücklich erklärte Entsagung erforderlich. Erk. des Obertr. v. 23. Jan.
1854 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XI, S. 263).
(5. A.) Auch auf Erbschaftsentsagungen ist die Rechteregel: locus regit actum, anwendbar. Eine
in Frankreich erklärte Erbschaftsentsagung, welche wegen Formmangels dort keinen rechtlichen Erfolg
haben würde, hat in Preußen rechtliche Wirkung, wenn jene Erklärung den Erfordernissen einer gül-
W nach preußischem Rechte entspricht. Erk. dess vom 6. März 1868 (Entsch.
40) Man kann zwischen der testamentarischen und der Intestaterbsolge darum nicht wählen, weil
beide auf gleichem Grunde ruhen, nämlich aus dem Willen des Erblafkrs?: der lediglich durch den
Willen des Erblassers berusene Erbe kann nicht seinen Willen zum Delationsgrunde machen. Wer
aber unabhängig von dem Willen des Erblassers, selbst gegen dessen Willen, succediren kann, braucht
sich nach demselben nicht zu richten. Daher die Vorschriften der solg. Ss. 402 u. 405 d. T. und des
§. 642, Ti. 12. Vergl. II. 1, #§. 400, 491, 498. So ist es auch nach R. R. Die U. 39 u. 22
D. de acqoir. vel omitt. hered. (XXIX 2), welche der Verf. der Motive des o. in der Anm. 23
gedachten Pl.-Beschl. heranzieht, beziehen sich durchaus gar nicht auf den Notherben.
402) Z. B. aus einem Vermächtnisse (Prälegate). Der ausscheidende Testamentserbe muß von
dem an seine Stelle tretenden Erben das ihm ausgesetzte Legat erhalten. S. auch §. 279, Tit. 12.
Vergl. L. 87. 88 D. de legatis I. — (5. A.) Dies halte ich nach neuerer Prüfung für irrig. M. l.
mein Erbrecht §. 13 a. E.
41) Bergl. die vor. Anm. 40.
42) S. o. die Anm. 25 zu §. VIII des Publ.-Patents.