I. Bon den Gesetzen überhaupt. 43
8. 29. Bei einer doppelten Gerichtsbarkeit haben die Rechte des Ortes, wo sich
die Sache befindet, den Vorzug 25). «
§. 30. Ist aber in einem solchen Falle (8. 29) das Mobiliarvermögen, zur Zeit
der sich darauf beziehenden Handlung, an einem dritten Orte?7), so finden die Gesetze
also nur auf dingliche Rechee. Diese sollen nach der lex domieilli „des Menschen“ beurtheilt werden,
namentlich also auch deren Erwerbung und Verlust. Unter diesem Menschen ist sicher der Eigenthümer
der Sache verstanden, und dei Uebertragungen wohl der bisherige Eigentdümer. Weun aber das Eigen-
thum streitig ist? Dann wird der Besitzer dafür genommen werden müssen. Und wenn die Sache
keinen Eigemhümer und keinen Besiver hat? Dann muß die lox rei sitse bestimmend sein. Ob z. B.
Eigenthum durch Okkupation zu erwerben möglich ist, kann nicht nach der lex domiellil entschieden
werden. 1. Eigenthumsübertragung soll sich nach der lex domieilii richten. Das L. N. ersordert Ueber-
abe, das franz. Recht nicht. Verstutt ein Preuße eine ihm gehörige Sache, welche sich in Köln be-
Ründet, so hat der Käufer eher nicht das Eigenthum erworben, als bis ihm die Sache Übergeben wor-
den ist; verkauft ein Kölner eine dort befindliche Sache einem Preußen, so erwirbt dieser sosort Eigen-
thum durch Abschluß des Kontrakts. — Bei der erwerbenden Verjährung durch Besith sällt die lex do-
micilil mit der lex rei sitse zusammen, wenigstens in der Regel. 2. Auf die Gebrauchs= und Nutzungs-
rechte an beweglichen Sachen wird die lex domleilii des Bestellers angewendet. 3. Das Pfandreche foll
nach der Borschrift des §. 28 nach demselben Rechte dehandelt werden. Das führt jedoch zu Wider-
finnigkeiten. Denn ein Bewohner von Neuvorpommern kann nach seiner lex domleilli an einer be-
neglichen Sache Pfandrecht durch bloßen Vertrag bestellen; das L. R. kennt kein Vertragspsandrecht ohne
Uebergabe (I, 20, 68. 111, 105). Jener müßte daher an seiner in Breslau befindlichen Sache durch
bloße acceptirte Willenserklärung, nicht allein am Orte Breslau selbst, sondern sogar an seinem Wohn-
one ein Psandrecht bestellen können, dergestalt, daß dasselbe gegen jeden Dritten mit der dinglichen
Piandklage verfolgbar wäre. Das wird verneint werden müssen. Wenn der Fall aber der ist, daß
eine in Vorpommern durch Vertrag gültig verpfändeie Sache in den landrechtlichen Bereich komme,
kann da das einmal gültig entstandene dingliche Recht gegen jeden Dritten verfolgt werden? Diese
Frage daben sich auch die Berfasser des L. R. vorgelegt. Ein Monent hatte die Unterscheidung der be-
weglichen und unbeweglichen Sachen getadelt. Dazu bemerkte v. Grolmann: „Halte ich für erdeb-
lich. Z. E. es ist an vietjmen Onen Rechtens, daß eine Generalhypothek auch Mobilien afficirt. Wenn
nun ein Fremder seine mit einer solchen Hypothek deschwerte Uhr in Berlin verkauft, würde man dem
fremden Pfandgläubiger verstatten, actionem hyp. anzustellen?" Suarez erwiderte: „Ich halte das
Monitum gegen die Meinung des Herrn v. G. für unerheblich. Nur allein bei Verträgen, die von
einem Ausländer Über Mobilien, die sich innerhalb Landes befinden, im Lande geschlossen werden,
würde ich annehmen, daß die Wirkungen desselben nach den LL. fori contractus zu beurtheilen sind.
2 E. es stirbt ein Hamburger, welcher bewegliches Vermögen in Berlin hat, so muß doch wohl die
uccession in dies Vermögen nach den Hamburger Gesetzen beurtheilt werden. Ader der Hamburger
verkauft in Berlin seine bei sich habende Uhr, so find die Wirkungen des Kaufs nach den Berliner Ge-
setzen zu beurtdeilen.“ (Mat. Bd. 80. Abschr. Bd. 1. Bl. 31 und Ges.-Rev.-Mot. J. Einl. S. 112.)
Eine Enrscheidung findet sich nicht. Die Aeußerungen zeigen, daß man über die Beziehung der lex
rel sitae unklar war, das Beispiel des Verkaufs ist nicht aus dem Sachenrechte, sondern aus dem Obli-
gationenrechte; doch erdellet so viel, daß man auf unsern Fragesall die ler domleili für unanwendbar
dielt. Das ist das Richtige, deshalb, weil das preuß. R. das Institut des Vertragepsandrechte nicht
kennt und solglich in seinem Gebiete nicht schlitzt; denn dieses (ein Oypothekenrecht) ist wesentlich ein
anderes als das Faustpfand (pignus). Vergl. v. Savigny VIII. S. 197. Der Fall zeigt, daß von
der abstrakten und unbestimmten Satung des §. 78 abgesehen, und in jedem einzelnen Falle der an-
wenddare Rechtssatz nach allgemeinen Grundsätzen gefunden werden muß. Namentlich wird auch der
Besitz, dessen Erwerb und Berlust, nicht nach der ier domieilii „des Meuschen“" — man weiß hier in
der That nicht: ob des bisherigen Besitzers, oder des neuen Erwerbers, — sondern nach der lex rel
Litae zu beurtheilen sein.
38) Die Bestimmung zeigt, daß man nicht an die Verlassenschaft und das Erbrecht, sondern an
Rechte an einzelnen Sachen gedacht hat, denn unmöglich ist anzunehmen, daß man hierdurch eine
mehrfache Universalsuccession in das Mobiliarvermögen hat vorschreiben wollen.
39) Z. B. Kaufmannswaaren, welche der Eigentrhümer außerhalb seines Wohnortes niedergelegt
hat. Ein Gutsbesitzer, welcher einen Wohnsitz unter dem A. L.N. und einen unter dem franz. R. har,
hat in Stralsund Getrride aufgespeichert und will es verpfänden. In Stralfund gilt das gemeinrecht-
liche Berrragspfand, nach franz. und preuß. Rechte nur das Faustpfand; aber die Erwerbungsart ist
nach dem Code eivit Art. 2076 ganz anders als nach pr. N.: ohne Abfassung einer Urkunde und ohne
deren Einregistrirung kann kein Pfandrecht bestellt werden. Welches ist nun das dem pr. R. am
nächsten kommende? Sind die Rechtsinstitute als das Wesentliche bestimmend, so muß das fr. R. zur
Auwendung kommen. Dann aber ist die Verpsändung in Stralsund wegen der Erwerbungsart un-
ansführbar. Die Bestimmung ist also unpraktisch. Noch weit schwieriger wird die Anwendung dersel-