520 Erster Theil. Neunter Titel.
§. 528. Gegen den, welchem das rechtliche Gehör versagt wird, kann keine Ver-
jährung angefangen werden.
§. 529. Auch wenn ein solches Hinderniß) im Laufe der Verjährung eintritt,
wird die Fortsetzung derselben so lange unterbrochen, als das Hindemiß dauert.
§. 530. Dagegen wird durch andere Hindemmisse, die nach angefangener Verjäh-
rung erst eintreten, der Fortlauf derselben nicht gehemmt.
§. 531. Ist jedoch die zur Verjährung bestimmte Frist abgelaufen, ehe noch das
inzwischen eingetretene 35) Hindermiß 36) wieder gehoben worden, so kann der Verhin-
derte noch innerhalb Vier Jahren, von Zeit des gehobenen Hindernisses an, auf Wie-
dereinsetzung in den vorigen Stand gegen die vollendete Verjährung antragen?7).
euommen, daß der Besitzer keine anderen und mehreren Rechte an oder zu diesem unvollkommenen
sidthume durch Verjährung erwerben könne, als durch die Verleihung beigelegt sind. Deshalb konn-
ten z. B. in Schlesien die Dreschgärtner das Recht zur Behiltung der 6. Triften und Raine durch
Ersitzung nicht erwerben. Schles. Arch. Bd. UI. S. 644. Nachdem aber die lassitischen Besitzrechte
in erb- und eigenthümliche verwandelt worden sind, können dergleichen Besitzer auch Grundgerechtig-
keiten für ihre Stellen gegen den früheren Grundherrn erwerben. Vergl. die Präi. des Obertr. vom
12. Januar 1846 (Cutsch. Bd. XII. S. 436) und vom 6. Sept. 1848 (Rechtsf. Bd. IV, S. 331).
34) Dieses Hinderniß, nämlich die Lersagung eines rechtlichen Gehörs, macht die einzige Aus-
nahme von der Regel des folg. §. 530. Vergl. oben die Anm. 14 und 14 8. Im Gesetzduche war
in den 6§. 528 u. 529 Rede von einem Machtspruche. Der §. 528 hieß: „Gegen den, welcher durch einen
Machtspruch in der Ausübung und Verfolgung seines Rechts gehindert wird, nimmt keine Berjährung
ihren Anfang.“ F§. 529: „Auch hindert ein im Laufe der Verjährung ergangener Machtspruch die Fort-
setzung derselben so lange, als die Wirkung des Machtspruchs danert.“ Die Fassung hatte wegen des
Worts „Machtspruch“ Anstoß gesunden und sollte nach der K.O. v. 18. Dez. 1793 (Jahrb. Bd. XI1.
S. 41) geändert werden. Suarez schlug darauf die 85. in der gegenwärtigen Baflung vor. Daraus
ist klar, daß der §. 529 sich nur auf 528 und auf die Verfagung des rechtlichen Gehörs bezieht, und
was unter dieser Versagung #. gemeint wird. Die Verschlleung des Rechtsweges durch einen außer-
ordentlichen besonderen Besehl, für emen bereits eingetretenen Fall, ist darunter zu verstehen, z. B. wenn
dem kompetenten Richter durch höhere Macht verboten wird, wegen eines gewissen Anspruchs einer be-
stimuten Person oder einer bestimmten Klasse von Personen, deren Klage anzuuehmen und darülber im
ordentlichen Rechts zu entscheiden. Nicht dahin gehören allgemeine Verordnungen, wodurch gewisse
Angelegenheiten den Gerichten entzogen werden, oder die Fälle, wo das zuständige Gericht nach allge-
meinen Vorschriften gewisse Prozesse sistirt oder eine Klage aus Rechtsgründen per decretum zurück-
weist. Auch ein Stillstand der Rechtspflege (zustitmum) sällt nicht unter dieses Hinderniß. §. 523.
(4. A. Anderer Meinnng ist das Obertr. nach seinem Erk. v. 7. Märg 1861, Arch. f. Rechtsf. Bd. XI.,
S. 340.) Nur von vorübergehendem Interesse sind das Pr. 2010, v. 6. April 1848 und der Pl.-Beschl.
(Pr. 2385) des Obertr. vom 21. Jum 1852 (Entsch. Bd. XXIII. S. 1), betr. die Suspension der
gutsherrlich- bäuerlichen Prozesse in den mit Preußen wieder vereinigten Provinzen durch die K.O. v.
5. Mai 1815 (Jahrb. Bd. V. 2, S. 87. Ein R. vom 17. Mai 1814 meint, daß während einer Be-
lagerung keine Verjährungsfristen lanfen, indem es diesen Fall unter die Versagung dee rechtlichen
Gehörs (Machtspruch) ubsumit (Jahrb. Bd. 1II, S. 362). Das ist nicht richtig; der Belagerungs=
zustand gehört zu den Landplagen, die nur den Anfang der Verjährung hindern. §. 523.
35) Wenn auch der Eintrutt erst kurz vor Ablauf der Verjährung geschehen ist. In diesem Falle
kann möglicherweise die Restitution noch lange nach der Verjährung erfolgen.
36) Dies sollte ein Hinderniß sein, welches der, Tgen den die Verjährung läuft, nicht willkürlich
selbst geschaffen hat. Wenn z. B. Jemand sein Grundstück, in Beziehung auf welches gegen ihn eine
Verjährung angesangen hat, verpachtet, so sollte er dieserhalb keine Restitution nachsu können.
Das Obertr. findet die Frage zweifelhaft und läßt sie — weil es in dem Falle darauf nicht ankam
— dahingeselt sein. (Entsch. Bd. VIII. S. 260.) Bei einer späteren Gelegeuheit aber dat es die
rage implicite entschieden. Das zu diesem §. eingezeichnete Pr. 1848, v. 17. Febr. 1847 sagt näm-
ich: Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Verjährung steht auch dem
Eigenthümer einer in Nießbrauch gegebenen Sache zu (Eutsch. Bd. XV. S. 113). Der Fall war
ebenfalls die freiwillige Hingabe eines Grundstücks zur Nuynießung an einen Forstbeamten, nach be-
reits angefangener Verjährung, und es wird ansgeführt, daß der Nießbrauch der Pacht (§. 521) gleich-
zustellen sei. Also muß das Obertr. den Fall der Pacht ebenso eutscheiden. (4. A.) Dies ist nicht
geschehen. In dem Erk. vom 30. Okt. 1860 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXIX. S. 139) wird auege-
führt, daß die nach angesangener Verjährung vorgenommene Verpachtung kein die Restitution begrün.
dendes Hinderniß im Sinne des K. 531 sei. Dies stimmt mit der, am Anfange dieser Anmerkung
vermerkten Meinung, aber nicht mit der älteren Ansicht des Obertribunals überein.
37) Die vierjährige Restitution gegen die vollendete Verjährung, wegen eines im Lause derselden