Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

528 Erster Theil. Neunter Titel. 
8. 550. Ist die Verjährungsfrist auf Monate eingeschränkt, so werden so viel- 
mal dreißig Tage, als Monate stnd. gerechnet 59). 
7. Gesetz vom 31. März 1838, wegen Einführung kürzerer Verjährungs- 
fristen. (G.S. S. 249) %). 
Wir 2c. verordnen, in Erwägung, daß bei Forderungen, welche entweder sogleich oder in kurzer 
Zeit berichtiget zu werden pflegen, aus der langen Dauer der für die Verjährung durch Nichtgebrauch 
in Unserem A. 2.R. Th. 1. Tit. 9, 88. 546 u. 629 vorgeschriebenen Fristen eine Unslcherheit des 
Rechts entsteht, und zur Beseitigung einiger, die Versährung im Allgemeinen betreffenden Zweifel, 
für alle Provingen Unserer Monarchie, in welchen das A. L. R. Kraft hat, auf den Antrag Unsers 
Staateministeriums und nach erfordertem Gutachten Unsers Staatsraths, wie folgt; 
5. 1. Mit dem Ablaufe von zwei Jahren verjähren die Forderungen 20 0): 
1. der Fabrikunternehmer, Kaufleute, Krämer, Künstler und Handwerker ob) für Waaren 19/6) und 
Arbeiten 5# 4), ingleichen der Apotheker für gelieferte Arzneimittel. 
59) S. o. die Anm. 41 zu §. 45, Tit. 3. 
60) Der Zweck dieses Gesetzes ust der, die Unsicherheit des Rechts zu verhülten, welche durch das 
Hinschleppen von Schuldverhältnissen herbeigeführt wird. N. vom 9. Mai 1840 (J. M. Bl. S. 173). 
Bergl- Entsch. Bd. XIV, S. 211. Gleichwohl ist die Wirkung dieser kurzen Verjährung keine andere, 
als die der 30jährigen nach §§. 568 und 569 d. T. Man hat zwar beadsichtigt, eine Bestimmung 
aufzunehmen, der zufolge mit Aufhebung dieser 38. der Verlust des Rechts als Folge der vollendeten 
Verjährung durch Nichtgebrauch ausgesprochen werden sollte; es ist indeß hiervon im Laufe der Be- 
rathungen Abstand genommen (R. vom 23. Febr. 1841, J. M. Bl. S. 109), doch bloß deswegen, weil 
diese §88. zugleich die Wirkung der Verjährung angeben, worüber nicht ohne eine erschöpfende Erwägung 
aller Beziehungen dieses Rechtsinstitutes entschieden werden kann; Über die gänzliche Verwerflichken 
jener Bestimmungen zeigte sich keine Meinungsverschiedenbeit. v. Saviguny, System, Bd. V, S. 351. 
— (4 M.) Die Anwenddarkeit der ö§. 568, 569 auf die durch dieses Gesetz eingeführten kurzen Ber- 
jährn en ist auch von der Gerichtspraxis auedrücklich anerkanmt. Erk. des Obertr. v. 21. Nov. 1862 
(Arch. f. Rechtsf. Bd. XLVII, S. 188). # # 
Diese Verzährnnen fangen auch gegen Minderjährige an. Pr. 1802 o. in der Anm. 39 zu 
# 535. (4. A.) Bei Amwendung derselben macht es auch keinen Unterschied, ob die Forderung gegen 
den eigentlichen Kontrahemten, oder einen anderen an dessen Stelle tretenden Berpflichteten geltend 
wird. Erk. des Obertr. v. 30. Okt. 1855 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XIX, S. 60.) Namentlich 
  
ndet die kurze Verjährung der Forderungen der Gast- und Speisewirthe für Wohnung und Bekö- 
igung (§. 1, Nr. 7) eines in väterlicher Gewalt stehenden Sohnes statt, wenn der Vater deshalb auf 
Grund der §gs. 126 ff., I1, 2 in Anspruch genommen wird. Erk. dess. v. 15. Dez. 1860 (Arch. für 
Rechtsf. Bd. XXXIX, S. 303). 
Wegen der Restitution gegen den Ablauf dieser kurzen Verjährungen s. o. Anm. 37 zu §. 531 d. T. 
Dem wahren Bedürfnisse und dem wohl verstandenen IJnteresse der Gläubiger find die kurzen 
Verjährungen der Schuldverhältnisse aus dem tägli Verkehre durchaus angemessen, weshalb um 
so weniger die sonstigen Hindernisse sich mit denselben vertragen. M. vergl. Code civil, Art. 2271 fl. 
S. auch o. Aum. 44 zu §. 33 der Einl., S. 55. 
60 ) (4. A.) Auf den Ausdruck, daß die Forderungen verjährt sein sollen, legt das Obertri- 
bunal in einem Erk. v. 15. Dez. 1860 (Arch f. Rechtsf. Bd. XXXIX, S. 300 ein gauz besonderes 
Gewicht, indem es daraus entnimmt, daß die Forderung selbst als erloschen betrachtet werden solle, 
woraus gefolgert wird, daß der Auspruch auch nicht gegen einen Dritten, der z. B. die Beköstigung 
von dem Speisewirthe nicht selbst erhalten habe (Nr. 7), namentlich gegen den Vater des verpflegten 
Sohnes, nach Ablauf der Frist geltend gemacht werden kann. Diese Wortauslegung häte nur dann 
juristischen Werth, wenn im preußischen Rechte ein Unterschied zwischen der Lüaßverlchrung und der 
Verjährung des Forderungsrechts selbst gemacht würde. Dies ist nicht der Fall. Die Verjährung 
durch Nichtgebrauch hat immer das Recht selbst zum Gegenstande (F§. 501, 502, 508) und dieses 
Gesetz v. 31. März 1838 bestimmt in dieser Beziehung nichts Besonderes oder Nenes. Der Anspruch 
selbst ist auch nach den allgememen Grundsätzen des . L. R. erloschen, weil der Vater nicht ein Drit- 
ter, sondern der wahre Alleinschuldner ist. 
60b) (3. A.) Die Ansprüche eines Banunternehmers aus einem Bau-Entreprise-Kontrakte sind 
der kurzen Verjährung aus dieser Bestimmung nicht unterworsen. Erk. des Obertr. vom 16. Jumi 
1856 (Entsch. Bd. XXXIV, S. 97). 
((. A.) Auch die Forderungen eines Buchdruckereibesitzers unterliegen der kurzen Verjährung nach 
5 1, Nr. 1. — Ein Schriftsteller ist als Gewerbtreibender nicht anzusehen, und zwar auch dann nicht, 
wenn er ein von ihm verfaßtes Buch im Selbstverlage hat. Erk. des Obertr. vom 22. Juni 1861 
(Arch. f. Rechtsf. Bd. XII. S. 359). 
60) (5. A.) Die Forderung eines Maurerpolierers für geleistete Manrerarbeiten und gelieferte
	        
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