Dreißigjat-
rige Praslri-
ption.
566 Erster Theil. Neunter Titel.
§. 625. Wer zwar vollständiger redlicher Besitzer ist, aber keinen Titel 12) seines
Besitzes nachweisen kann, zu dessen Gunsten wird die Verjährung erst in Dreißig Jah-
ren vollendet 5).
§. 626. Bei dieser längern Verjährung bedarf es keiner Verdoppelung der Zeit.
wenn gleich der, welchem sie entgegen steht, abwesend “) gewesen ist.
8. 627. Der Nachweis, daß der Verjährende die Sache oder das Recht als sein
eigen) in Besitz genommen und besessen habe "#), ist dazu nothwendig.
§. 628. Dagegen schadet der Nachweis ""), daß die Besitznehmung uhmangiis
ganz eigentlich das Gesetz. Simon d. a. O. S. 348. Hiernach sollte der §. 624 kurz
lauten: Zum Besten der Korporationen wird u. s. w.; denn nur dies ist der Indalt desselben.
62) S. o. Anm. 17 zu F. 579 d. T.
63) Vergl. o. §. 600. Der Beweis des Besitzes ist dergestalt zu führen, daß zwischen der ersten
und der letzten Besitzhandlung der 30jährige Zeitraum liegt. Dann wird die Fortdauer des Besitzes
in der Zwischenzeit vermuthet. Die §§. 81 und 84, Tu. 7 betreffen nur die Voraussetzungen der
Besitzergreifung, nicht die der Fortsetzung des Besitzes, und die §5. 227. 228 bestimmen, wie der Be-
sitz eines negativen oder Untersagungsrechts wieder verloren geht. Der §. 130, Tit. 7 bezieht sich
cben nur auf den Besitzstand in der Zwischenzeit, eutscheidet aber nichts über die greiige ewesene Frage:
ob zum Nachweise der Erwerbung durch Verjährung der Beweis des Anfanges des ###e: in Ver-
bindung mit den Ersfordernissen der Verjährung, allein schon genüge, was man wegen des 8. 130,
Tit. 7 anzunehmen geneigt sein könnte; oder ob vielmehr zu jenein Nachweise auch der Beweis einer
Besitzhandluug (der Thängkeit des Erwerbenden) auch am Ende des Zeira#ums erforderlich sei. Hier-
über entscheidet der §. 600, welcher nicht bloß für die gewöhnliche Verjährung von 10—20 Jahren,
jondern für die Akquifitivverjährung überhaupt gilt. Der §. 130, Tit. 7 hat es mit der bloß der Lehre
vom Besitze angehörigen Frage zu thun: ob zur Fortsetzung des Besitzes die ununterbrochene Wieder-
holung von Besitzhandlungen erforderlich sei, und steht zu der Frage: wie lange ein bestimmter Besttz-
zustand gedauert habe; und zu der Rechtsfrage: was derjenige, welcher durch den Besitz von einer ge-
wissen Dauer eine Erwerbung gemacht haben will, zu beweisen habe, in keiner Beziehung. Bergl. ein
Erk. des Obertr. v. 3. März 1848, in den Rechti. Bd. III. S. 381. (4. A.) Ein Appellationsgericht
hatte eine auf Ersitzung gegründete Vindikationsklage aus deim Grunde abgewiesen, weil die Uebergabe
des vindizirten Grundstücks nicht nachgewiesen sei. Von der Uebergabe weiß die Rechtswissenschaft bei
den unmittelbaren Erwerbungsarten nichis, daher das Obertr. ganz mit Recht das Urtheil ver-
nichtete. Erk. vom 15. Mai 1862 (Arch. f. Rechtsf. Bd XLIV, S. 313).
Die 30jährige Frist zur Erwerbung einer Abgabe durch Verjährung beginnt, wenngleich die Ab-
gabe alljährlich postnumerando abgeführt ist, nicht mit dem Anfange des Jahres, für welches sie zuerst
gegeben worden, sondern mit dem Tage der ersten wirklichen Entrichtung, und wird erst mit dem Tage
vollendet, an welchem die Entrichtung der Abgabe nach Ablauf des drrinigsen Jahres für dasselbe be-
wirkt worden ist. Pr. des Obertr. 2093, vom 26. Januar 1849 (Entsch. Bd. XVII. S. 136). Ju
solchem Falle kommt es auf die Zahl der hintereinanderfolgenden Jahre, für welche gezahlt worden ist,
an; deren mülsssen dreißig sein.
64) Also haben auch Korporationen keine doppelte Frist bei dieser Verjährung. S. oben die Anm. 61.
65) Nicht mieths-, pacht-, oder leihweise, oder in Folge eines Vertrauensgeschäfts, d. h. der Ver-
jährende muß posiriv ein Geschäft behaupten, auf Grund dessen er den Besitz für sich selbst persönlich
oder durch einen Stellvertreter ergriffen hat, denn er muß den Beweis führen. Wie der Beweis ge-
führt werden konnc, ob direkt oder auch indirekt, das ist cine andere Frage; aber der Beweissatz muß
jedensalls bestimmt sormulirt sein. (4. A.) Ist durch ein Rechesgeschäft Jemandem die Holzlese gegen
eine jährliche Körnerabgabe und eine jährliche Geldzahlung eingeräumt worden, so erscheint der Um-
stand, daß die Holzlese stets frei, öffentlich und ungestört ausgeübt worden, nicht ausreichend, um auch
den zur Ersitzung erforderlichen Nachweis, das Recht als sein eigen und nicht bloß mierhsweise in
Besitz geunommen und besessen zu haben, für geführt annehmen zu können. Erk. des Obertr. vom
8. April 1862 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLV., S. 184).
(4. A.) Zum Erwerbe einer Grundgerechtigkeit durch Verjährung ist es weder erforderlich, daß
der Verjährende überzeugt sei, Nichteigenthilmmer des praedil servieutid zu sein, noch daß er wisse, wer
igenu#mer desselben 2 Erk. des. Obertr. dom 15. Mai 1862 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XIIV,
". 915).
65 8 A.) Bergl. oben Tit. 7, F. 45 und die Aumerk. 21 dazu, und die Anmerk. 764 zu
5. 124 ebd.
66) Der Nachweis des Gegners. Wenngleich eine Sache ursprünglich inm Folge z. B. eines Miethe-
kontrakts in Gewahrsam des Verjährenden gekommen ist, so kann sie später dennoch gekauft worden
sein. Es koumt in solchem Falle auf die Ueberzeugung des Richters von den thatsächlichen Momenten an.