Von Erwerbung des Eigenthums. 571
im Jahre 1740 schützt den Besitzer, in allen Fällen ?1), gegen die Ansprüche des Fis-
uUs 2).
81) Vergl. Th. II, Tit. 14, §. 38 und Tit. 16, §. 9. Es versteht sich, daß die Bestimmung
überhaupt nur auf Privatrechte geht; in Dingen, welche zur Landeshoheit gehören (z. B. Landespolizei-
Sachen) kann sich darauf Niemand berusen. Pr. des Obertr. v. 15. April 1788 (Stengel XI. 289).
82) „Der Besitz vom Jahre 1740,“ sagt Suarez, „ist keine Verjährung; es ist ein annus
normalis, der ohne Rücksicht auf den früher angefangenen oder später sortgesetzten Besitz die Rechte der
privatorum gegen den Fiskus bestimmt. Den F§. 76 (d. i. der §. 642 d. T.) würde ich also weglassen.“
Dieser lautete: „Es kann aber von dieser Verjährung“ u. s. w. Dies wurde nicht approbirt,
aber man beschloß die Fassung: „Es kann aber von diesem Besitzrechte“ u. s. w. Simon
a. a. O. S. 487, 488.
Mit der Entstehung dieses annus deeretorius hat es solgende Bewandtniß: Aus Anlaß der Im-
mediarbeschwerden äußerte eine Kabinetsordre vom 6. Februar 1745 an das Generaldirektorium sich
um#ufrieden damit, daß die Fiskale bei den Kriegs= nnd Domänenkammern und den Justizkollegien
die Unterthanen, unter dem Deckmantel der Justiz, chikanirten; sie besahl ganz allgemein, die Kam-
mern anzuweisen, darauf zu sehen, daß Niemand zur Ungebühr aktionirt werde. Eine Beschwerde ver-
anlaßte die K.-O. v. 28. Januar 1747, welche jene in Erinnerung bringt und dem Generaldirektorium
befichit, den Kammern außugeben, daß die Besitzer von fiskalischen Grundstücken oder Gerechtigkeiten
nicht durch das oltleium t#sei in Anspruch genommen werden sollten. Von einer bestimmten Zeit des
Besitzes war noch keine Rede. Erst die Instruktion für das Generaldirektorium vom 20. Mai 1748
enthielt die Bestimmung, daß ein Besitzer, welcher im Jahre 1740 in wirklicher Possession gewesen,
unter keinerlei Prötext in Anspruch genommen werden solle. Auf eine neue Beschwerde erging die
K.O. v. 9. Mai 1750, worin wieder der Anfang der Regierung des Königs erwähnt ist, indem es
heißt, daß der König schon bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt, daß diejenigen, welche beim Beginne
seiner Regierung im Besitze gewesen, auch darin verbleiben, und ihnen ohne besonders triftige und ge-
setzliche Ursachen keine Schwierigkeiten gemacht werden sollten. Das Geueraldirektorium und der Groß-
kanzler v. Cocce ii hanten diese Befehle bloß auf den Besitz bezogen, so daß dem Fiskus das pe-
titorium freizulassen. Mit dieser Beschränkung war die Bestimmung auch in den Codex Friedericia-
nus von 1748 (P. IV. Tit. 5, 8. 18, Nr. 6 u. 7) eingerückt worden. Das Kammergericht hatte indeß
anders erkannt, wodurch das Generaldirekrorium sich unterm 30. November 1753 zu einer Anfrage
bei dem Großkanzler vd. Cocecji veranlaßt sah, ob der König nach Publikation des Codex Frid. der-
gleichen Ordres habe ergehen lassen. Der Großkanzler war nach seinem Antwortschreiben v. 6. Mai
1754 nicht im Stande, andere Nachrichten zu geben, als welche sich in den Akten des Generaldirekto-
riums besanden. Für die Hauptnorm erklärte er aber die, sämmtlichen Kammern unterm 18. Februar
1747 mitgetheilte K. O. v. 28. Jannar ej. a., in welcher, wie er meinte, deutlich enthalten sei, daß die
Partikuliers wegen der in ihrem wirklichen Besitze befindlichen Grundstücke und Gerechtigkeiten unter
keinem Präterte durch das Offteium fisei in Anspruch genommen, sondern bei ihrer Possesston mit
Nachdruck geschützt werden sollten. Er war der Meinung, daß nach diesen ausdrücklichen Ordres um
so mehr bei den Justizkollegien gesprochen werden müsse, als der König üÜber seine Rechte disponiren
könne, und überließ es dem Generaldirektorium, ob es nöthig finde, hierüber noch eine Deklaration zu
erbitten. Es ist jedoch keine Deklaration nachgesucht worden. Auf eine anderweitige Beschwerde erging
abermals eine K.O. vom 20. Okt. 1755, worin es wieder ganz unbestimmt heißt, daß der König oft
und vielfältig deklarirt habe, es solle ein Jeder bei den ihm zustehenden Gerechtigkeiten Lelchüht werden.
Dagegen befahl der König in der, ebenfalls auf eine Beschwerde erlassenen O. v. 30. April 1756, daß
der Sohn der Supplikantin bei dem Gebrauche und Genusse der ihm streitig gemachten Jagden ge-
lassen werden solle, da der König vielfältig deklarirt habe, daß keinem Vasallen einige Gerechtsame,
von welchen er seit langer Zeit und nach anno 1740 im Besitze gewesen, unter was für Prätext es
auch geschehen könne, entgogen werden sollten. Einige Tage darauf beseitigte der König die Zweisel
des Generaldirektoriums und des Justizdepartements durch eine mündliche Deklaration. Er äußerte
nämlich gegen den Minister v. Borke sein Mißfallen darlber, daß die Krieges= und Domänenkam-=
mern nicht unterließen, die Vasallen und Edelleute in Sachen, worin sie den Besitz vom Jahre 1740
für sich hätten, zu beunruhigen und zu chikaniren, und daß noch neulich auf die Beschwerde gemessene
Ordre darüber ertheilt worden. Auf die Bemerkung des v. Borke, wie er diese O. gesehen dabe,
befahl er nun auch zu verhindern, daß ferner dergleichen Klagen entstehen möchten. Diese Gelegenheir
benutzte der Minister v. Borke, dem Könige die Zweisel des Generaldirektoriums und des Justizde-
parrements vorzutragen. Darauf erklärte der König: wie er die Possession vom Jahre 1740 bloß zu
Gunsten seiner getreuen Vasallen und Ritterschaft festgesetzt habe, und wolle, daß solche niemals, unter
was für Prätext es auch sei, angefochten werden solle, gab auch dem Minister v. Borke die Anwei-
sung, solches dem Generaldirektorium bekannt zu machen. Auf die hierüber erstattete amtliche Anzeige
desselben v. 6. Mai 1756 erließ der Großkanzler unterm 9. Juli 1756 an sämmtliche Justizkollegien,
außer Ostfriesland, ein Cirkulare, worin er den wesentlichen Inhalt der angezeigten mündlichen
Aeußerungen des Königs wiederholte und ein Verzeichniß der anhängigen fiskalischen Prnesse sorderte.