Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von der mittelbaren Erwerbung des Eigenthums. 5903 
5. 20. Hat noch keiner unter ihnen die Eintragung erhalten, so kann derjenige, 
dessen Titel zuerst entstanden ist :#), dieselbe vogzüglich fordem. 
§. 21. Bei beweglichen Sachen hat unter Mehreren, welche auf das Eigenthum Il. Bon der 
aus einem an sich rechtsgültigen Titel Anspruch machen, derjenige, dessen Titel von 
dem bisherigen wahren Eigenthümer herrührt, der Kegel nach, den Vorzug 2½). 
§. 22. Haben die Pratendenten insgesammt ihren Titel von einer und eben der- 
selben Person, so entscheidet, auch bei beweglichen Sachen, der Zeitpunkt der frü- 
hern Entstehung dieses Titels. (5§. 20.) 
§. 23. - aber einem unter diesen mehrern Prätendenten der Besitz 25) der Sa- 
che 6) eingeräumt worden 2½8), so schließt dieser die Eigenthumsansprüche der übrigen 
  
24) Dieser geht auch in dem Falle vor, wenn die Prätendenten sämmtlich ihren Titel von dem 
nicht eingetragenen Eigenthümer erhalten haben. Es versteht sich, daß in den §§. 18—20 Überall 
von der vorzliglichen Besitzerlangung Rede ist. Hat Einer in Folge seines Titels die Uebergabe ge- 
leistet erhalten und befindet sich im körperlichen Besitze, so ist er bereits Eigenthümer geworden und 
kein Prätendent mehr. Von diesem kann, dessen Redlichkeit vorausgesetzt, ein solcher, welcher die Ein- 
wagung seines Titels erlangt hat — was ohne Uebergabe nicht in der Ordnung sein würde — nicht 
vindiziren, weil er weder Eigenthümer geworden ist, noch eine persönliche Klage gegen ihn hat. Der 
öältere Titel allein, ohne Uebergabe und ohne daß er dem Dritten bei der Erwerbung bekannt ist, giebt 
keinen Vorzug, wie der §. 23 ausspricht, dessen Grundsatz, wenngleich er unter dem Marginale von 
der Erwerbung beweglicher Sachen steht, doch auch von unbeweglichen Sachen gilt, wie der §S. 25 er- 
giebt, wo die Uebergabe neben der Eintragung genannt wird, also die dort ansgesprochene. Regel: 
daß der nicht gewußt habende Besitzer die Sache behält, wenngleich sein Titel jünger ist, auch für 
Grundstücke gegeben ist. Vergl. das Pr. des Obertr. v. 15. August 1843. (Rechtsfälle Bd. IV, 
S. 324.) Dagegen kann er sein persönliches Recht zur Sache GCus ad rem) mit der analogen Vindi- 
kationsklage gegen den dritten Besitzer dann allerdings verfolgen, wenn es älter ist und der Besitzer 
zur Zeit der Uebergabe das früher entstandene Recht des Andern gekannt hat. Pr. des Obertr. 2059, 
v. 26. Sept. 1848. 
24 ) (1. A.) Die 88. 21—23, die Kollision mehrerer Eigenthumsprätendenten in Bezug auf die 
nämliche bewegliche Sache betreffsend, können auf den Fall der Kollision mehrerer Hypothekengläubi- 
F a angewendet werden. Erk. des Obertr. vom 14. Juni 1855 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XVIII, 
58). 
25) Ist dieselbe bewegliche oder unbewegliche Sache verschiedenen Personen übergeben worden, der 
einen durch symbolische, der anderen durch körperliche Besitzübertragung; so ist die letztere wahrer 
Eigenthümer geworden und ihr Recht geht dem Eigenthumeanspruche der anderen vor; auf die Prio- 
rität des Titels der Zeit nach kommt es weiter nicht an. Entsch. des Obertr. Bd. XI, S. 210. 
26) Der Grundsatz wird auch auf Rechte, insbesondere auf die Cession von Forderungsrechten, 
worüber Urkunden vorhanden sind, angewendet. Das Eigenthum einer cedirten Forderung, worülder 
Urkunden vorhanden sind, geht zwar auch bei Partialceisionen auf den Cessionar durch die bloße 
schriftliche Erklärung des Cedenten, ohne Uebergabe des beireffenden Dokuments, oder der davon abzu- 
zweigenden Urkunde, über, uud es macht dabei keiuen Umterschied: ob die Forderung eine bloß persön- 
liche oder eine hypothekarische ist. Pr. des Obertr. 193, v. 25. März 1837 (Ensch. Bd. II, S. 332), 
und Pr. dess. vom 5. Mai 1838, Nr. 1 (Entsch. Bd. IV. S. 71). Weun jedoch ein Aktivum, ganz 
oder theilweise, Mehreren cedirt worden, und diese ihren Titel insgesammt von einem und demselben 
Autor herleiten, so schließt derjenige, welcher den Besitz der Schuldurkunde in gutem Glauben einge- 
räumt erhalten hat, auch die, durch frühere Cessionen erworbenen Ansprüche der Uebrigen aus. Dass. 
Pr. Nr. II. Denn jener Grundsatz gilt unbedingt nur in dem Verhältnisse des Cessionars zu dem 
Cedenten: dieser mut alle von ihm ausgegangenen Cessionen gelten lassen und verwirklichen, oder Er- 
satz leisten. Aber in Beziehung zu dem Schuldner und zu dem Dritten, welchem gleichfalls cedirt 
worden ist, hat, weil die Forderung als Gegenstand des Eigenthums (als eine Sache) im Verkehre be- 
handelt wird, die bloße Cession ohne Ueberlieferung des Instumeme nur die Bedeutung eines Titels. 
Der Schuldner braucht denjenigen, der bloß eine schriftliche Erklärung des Cedenten vorlegt, für seinen 
Gläubiger nicht anzunehmen und kann nur an den Inhaber der Schuldurkunde in Folge der auf ihn 
lautenden Cession sicher zahlen. Unter mehreren Cessionarien desselben Cedenten hat muthin derjeuige, 
dem zugleich das Dokument ausgehändigt worden ist und dabei von der älteren Cession eines Dritten 
nichts bekannt war, das Forderungsrecht wirklich erworben, wenngleich er der jüngste Cessionar wäre. 
26 a) (5. A.) Dieser Fall ist auch dann vorhanden, wenn der Besitzer der Sache den von ihm 
bestellten Inhaber derselben unmittelbar anweiset, die Gewahrsam sortan für den sich bestellten Besiv- 
nachfolger fortzusetzen, dieser solches acceptirt und demgemäß als nunmehriger Besitzer über die Sache 
bei dem Inhaber derselben verfügt, dieser auch Folge leistet. F. 66, Tit. 7. Hierdurch hat die Ueber- 
Koch, Allgemeines Laudrecht I. 5. Aufl. 38 
mittelbaren 
Erwerbung 
des Eigen- 
kdums der 
beweglichen 
Sachen in 
sonderheit.
	        
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