Von Kaufs= und Verkaufsgeschäften. 597
8. 4. Auch der Staat ist Jemanden zum Verkaufe seiner Sache zu zwingen nur
alsdaun berechtigt, wenn es zum Wohle des gemeinen Wesens nothwendig ist 5).
8. 5. Zur Anlegung oder Verbreitung einer öffentlichen Landstraße, oder eines
schiffbaren Kanals oder Flußbettes, können die Besitzer der angrenzenden Grundstücke
soviel davon, als zu diesem Behufe erfordert wird, dem Staate käuflich zu überlassen
gezwungen werden. #
S. 6. Ein Gleiches hat statt, wenn der Staat der öffentlichen Sicherheit wegen
einen Ort mit Festungswerken zu versehen nöthig findet.
§. 7. Bei entstehendem Getreidemangel ist der Staat, zur Abwendung einer
drohenden Hungersnoth, berechtigt, die Besitzer von Getreidevorräthen zur Ausstel-
Lun derselben zum feilen Verkaufe, jedoch mit Vorbehalt ihres eigenen Bedürfnisses, zu
nöthigen.
8. In allen Fällen eines durch die Gesetze begründeten nothwendigen Ver-
kaufs muß, wenn über den Preis kein Einverständniß stattfindet, derselbe nach dem
Ermessen vereideter Taxatoren bestiinmt werden ?).
§. 9. Bei dieser Bestimmung ist nicht bloß auf den gemeinen, sondern auch
auf den außerordentlichen d). Werth Rücksicht zu nehmen.
5) S. o. die Anm. 84 zu 5. 75 der Einleitung. Es versteht sich, daß der Staat dieses sein
Recht auch auf einen Dritten übertragen kann. Dies geschieht täglich durch die Konzessionen zu Chaus-
see= und Eisenbahnanlagen. Vergl. auch das Erk. des Okern- vom 7. Januar 1831 (Simon, Rechtsspr.
-d. III. S. 225). (4. A.) Ferner beim Bergbaue (II, 16, §§. 109 ff.), bei Deichanlagen, Vorfluths=
sachen, Benutzung von Privatflüssen (Emsch. Bd. XX. S. 6 und Archiv f. Rechtsf. Bd. VI. S. 220).
In allen Fällen muß derjeuige, welchem das Recht der Expropriation eingeräumt sein soll, genaunt
werden, d. h. die Verleihung des Expropriationsrechts an Dritte setzt eine destimmte Erklärung des
Staatsoberhaupts voraus, sonst bleibt der Fiskus das exproprialionsberechtigte Sudjekt und hastet dem
Exproprürten als Kontrahent. Die einseitige Bestimmung der ausführenden Behörde, daß der Expro-
prürte das Grundstück an gewisse Dritte herausgeben folle, kann in der Parteistellung des Fiskus, dem
Expropriirten gegenüber, nichts ändern; der Fiskus mag sich an jene Driue regressiren. Vergl. Erk.
des Obertr. v. 21. Februar 1859 (Emsch. Bd. XL, S. 46).
(4. A.) Bei Expropriationen ist der Zwangsverkäufer nicht so wie bei freiwilligen Käufen zur
Errichtung eines förmlichen Vertrags, Leistung der Uebergabe und Gewahr, Tilgung der Hypotheken 2c.
verpflichtet. Er hat nur die Wegnahme seiner Sache, gegen Empfang des allenfalls durch den Rich-
ter festgesetzten Preises, zu dulden, und der Erwerber kann zur Tilgung derjenigen Lasten, welche an-
gezeigt werden milssen, um auf den Käufer ohne Gewährleistung überzugehen, nur den Preis verwen-
den lassen. Vergl. Erk. des Obertr. v. 1. Mai 1857 (Entsch. Bd. XXXV. S. 390). Auch konnen
der Natur der Sache nach nicht sämmtliche Bestimmungen über die Gewähr bei Expropriationen maß-
gebend sein, namentlich findet bei ausgehobenen Mobilmachungepferden #n Allgemeinen Gewährleistung
wegen Mangels gewöhnlich vorausg seger Eigenschaften (von vorbedungenen kann gar nicht Rede sein)
nicht statt. Vergl. ös. 442—444 d. T. Erk. des Obertr. vom 28. Jannar 1862 (Archiv f. Rechtsf.
Bd. XLIII, S. 339).
5#) (4. A.) Es versteht sich, daß jedem Theile Einwendungen gegen die Taxe zu machen frei-
steht, daß mithin auch, was bestritten worden, der expropriirende Hioths Erinnerungen behufs Ermä-
ßhigung des Kauspreises zu machen berechtigt ist. Erk. des Obertr. v. 24. Januar 1851 (Archiv f.
Rechtef. Bd. 1I. S. 24). (5. A.) Davon wird er dadurch nicht ausgeschlossen, daß er, um in den
Besitz des expropriirten Grundstücks zu kommen, dem provisorisch vollstreckkaren Expropriationsbescheide
der Verwaltungsbehörde genügt und die darin festgestellte Entschädigungssumme, gegen deren vorgän-
gige oder gleichzeitige Entrichtung erst die Uebergabe geschehen sollte, deponirt oder gezahlt hat; er kann
demnächst 4o gut wie der Expropriat (F. 11) den Rechtsweg detreten, um den Preis endgültig durch
den Richter bestimmen zu lassen. Erk. des Obertr. vom 10. Juni 1864 (Eutsch. Bd. LII. S. 96).
505) (4. A.) Oben, Tit. 2, §. 114 u. die Aum. 90 dazu. — (5. A.) Wenn der Expropriat das nicht
expropriirte Stück seines Eigenthums auch gegen vollständige Vergiltung des außerordentlichen Werths
nicht abtreten will, so darf er doch nicht verlangen, daß der Expropriant ihm das volle Nutzungesrecht
der abgetrennten Ländereien durch Herstellung von Anlagen gewähre, deren Kosten in keinein Verhält-
nisse zu dem außerordentichen Werthe derselben stehen. Der Expropriat hat einerseis nicht ungemes-
sene Vortheile zu verlangen, er soll nicht zum Nachtheile des Staats und gemeinen Wesens sich berei-
chern, und der Staat, der zur Expropriation berechtigt ist, kann andererseits in keinem Falle., wenn
nicht besondere Gesetze etwas Anderes bestimmen, zu mehr verpflichtet sein, als selbst der Beschädiger
aus Vorsatz und grobem Versehen. Ist durch einen Durchstich zur Regulirung eines Flußbenes ein