60 Einleitung.
§. 62. Bei Aufhebung besonderer Statuten, Provinzialgesetze und Privilegien,
müssen diejenigen, die es zunächst angeht, mit ihrer Nothdurft gehört werden77).
§. 63. Privilegien, welche einer bestimmten Person?o) verliehen worden, erlö-
schen mit dem Abgange des Privilegirten.
§. 64. Dagegen gehen Rechte und Privilegien, welche der Sache ankleben, auf
einen jeden Besitzer über, in so fern die Gesetze, oder die Verleihungsurkunden, nicht
ausdrücklich ein anderes besagen.
§. 65. Ist ein oder der andere Besitzer zur Ausübung des der Sache ankleben-
den Rechtes lnsähig. so ruhet dieses Recht so lange, bis die rechtlichen Hindernisse
wieder gehoben sind.
§. 66. Ist das Privilegium oder das Recht auf die Person, in Verbindung mit
d *!i3 gerichtet, so erlöscht dasselbe durch die Trennung des Besitzers und der
Sa e80).
Beispiele kommen vor in Entsch. des Obertr. Bd. XVI, S. 328, 329; Bd. XIX, S. 57. — Ee gilt
in dieser Hinsicht auch die Regel, daß, wenn ein Inbegriff von Rechtedrstimmungen, z. B. das Lübische
Recht, einmal recipirt oder verliehen worden ist, die Reception der einzelnen Vorschriften nicht beson-
ders nachgewiesen zu werden braucht, vielmehr umgekehrt derjenige, welcher die Unanwendbarkeit ein-
zelner Bestimmungen behauptet, die gesetzmäßige Abschaffung beweisen muß. Pr. des Obertr. vom
27. Sept. 1844 (Entsch. Bd. X, S. 284).
77) Diese Anweisung geht den Richter nicht an; ist ein Privilegium durch den Gesetzgeber auf-
gehoben worden, so findet der Rechtsweg darüber: ob der Betroffene gehört worden und solglich die
Aufhebung gültig sei, oder nicht, nicht saatt.
78) Hinsichts der Erben s. die folg. Anm. 79, Alinea 3.
79) Die §§. 63—66 setzen die bekannte Eintheilung der Privilegien, nach dem Träger derselben,
in pr. personalis (#3 63), pr. realia (S. 64) und pr. mizta (§. 66), voraus. Wichtiger als die Klas-
sificirung ist die oft zweifelhafte Thatsachenfrage: ob ein gewisses Privilegium von der einen oder der
anderen Art sei. Die Schriftsteller aus der Zeit des ".n sind verschiedener Meinung darüber: was
im Zweifel anzunehmen. Einige (Coceeji, jur. controv. I, 4; Stryk. de privileg. interpret. 1,
n. 36) wollen die Realität, Andere (Walch, introd. in controv. jur., Proleg. c. II, S. 8; Einert,
ezereit. jur. qua privilegium in dubio magis pro personali qduam reali reputandum etc. Lips. 1778)
die Personalität vermuthet wissen. Andere, (Berger, Oeec. jur. L 1, th. XXV) sehen auf den Titel:
ob er ein lästiger oder ein freigebiger; und entscheiden bei dem ersteren für die Realität, bei dem an-
deren für die Personalität; Andere (voct, Comment. 1, 4, §. 14) unterscheiden nach dem Inhalte:
ob er dem Inhaber nützlich und keinem Dritten schädlich, oder ob das priv. umgekehrt ein pr. odio-
sum. Im ersten Falle wird für ein Real -, im anderen für ein Personalprivilegium vermuthet. Eine
singuläre Meinung (Hartleben, med. D. sp. XIV. m. 5) ist noch die, daß zu unterscheiden sei
zwischen Privilegien, welche precario, und solchen, welche conventionis titulo ertheilt worden. Die letz-
teren, möge die Konvention titulo oneroso oder gratuito eingegangen sein, sollen im Zweisel für minta.
die anderen für personalia gehalten werden. Das Praj. des corp. jur. Frid. hatte I. 2, §. 20 die
Meinung aufgenommen, daß ein Privilegium in dubio pro personali gehalten werden solle. Im
A. L.R. findet keine von allen diesen verschiedenen Meinungen Anerkennung es giebt keine Präsumtion
weder für die eine, noch für die andere Art, vielmehr muß Jeder seine Behauptung beweisen.
(4. A.) Das Obertr. hat angenoimmen: die in einem Privilegium enthaltene erbliche Verleihun
deute zwar auf ein persönliches Privilegium hin; solle aber nach dem ferneren Inhalte des Privilegii
dasselbe zugleich miit dem Besitze eines anzulegenden Werkes verbunden sein, so würde das verliehene
Recht allen Erben und Rechtsnachfolgern der ursprünglich beliehenen Person zu Theil. Erk. des
Obertr. vom 28. Nov. 1856 (Archiv f. Rechtsf. Bd. XXIII, S. 86).
Persönliche Privilegien (F. 63) gehen nicht auf die Erben Über, mögen sie auf lästige oder wohl-
thätige Art erworben sein, worüber man sonst stritt. Vergl. §. 102. Lautet die Verleihung aber auf
eine bestimmte Person und deren Erben, so ist gewiß, daß es nicht mit dem Tode der Person erlischt.
Ob es aber auf alle Erben ohue Unterschied, oder nur auf gewisse und auf was für Erben übergeht,
ist streitig. Das L. R. äußert sich darüber nicht. Die Analogie aus den Bestimmungen in Beziehung
auf Lehen (I. 18, §F. 359) oder Erbzinsgüter (§. 694 ebend.) oder Erbvacht (I. 21, §. 181) ist wegen
Ungleichheit der Verhältnisse unzutreffend. Mau hat die (von anderer Seite, namentlich von Pufen--
dorl, obs. jur. univ., IV. 25 Wernher, obs., P. VIII, u. 424; Berger, resp I1, rersp. 218
bestrinenc) Interpretationsregel gegeben, daß unter Erben und Nachkommen nur die Abkömmlinge des
Privilegirten zu verstehen. — Es läßt sich darüber keine allgemeine Regel geben; es kommt auf die
Feststellung des wahren Inhalts, nach Anleitung des §. 46 der Einl., §. 2 des Anh. und §. 58 der
Einl., an, wobei jede ausdehnende Auslegung abzuweisen. Wenn z. B. das Privilegium auf die Per-