Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Bon Abtretung der Rechte. 705 
§. 436. Ist der Schuldner bis zum Verfalltage, oder bis zum Ablaufe der 
Aufkündigungsfrist, in Konkurs versunken, so wird angenommen?), daß die Forde- 
zans soiwer. sie bei dem Konkurs leer ausgeht, schon zur Zeit der Cession unsicher ge- 
wesen sei. 
§. 437. Der Cedent muß also, in sofern er nicht überhaupt von der Gewährs- 
leistung, in Ansehung der Sicherheit, nach obigen Grundsätzen frei ist, den Ausfall 
vertreten. 
§. 438. Außerdem muß der Cessionarius, auch bei Betreibung der Exekution, 
für ein geringes Versehen selbst haften 7:). 
§. 439. Hat er aber dem Cedenten das Ausbleiben der Zahlung bekannt ge- 
macht, so haftet er, von diesem Zeitpunkte an, nur für ein mäßiges Versehen72). 
§. 410. Geht die cedirte Forderung, wegen Unsicherheit, ganz oder zum Theil 
verloren, und ist der Cedent, nach vorfegenden Grundsätzen, zur Gewährsleistung 
verpflichtet, so muß er dem Cessionario 3°) für das, was dieser ihm gezahlt, oder 
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Schuldners zur Zeit der Cession, und der Nachweis seitens des Cessionars, daß gegen den Schuldner 
zur Zeit der Cession bereits in anderen Prozessen die Exekution erfolglos versucht, derselbe mithin als 
jahlungsunfähig befunden worden, sondern auch der schou zu jener Zeit eingetragene Subhastations- 
vermerk den Cessionar berechtige, auch ohne vorherige Aufkündigung auf den Cedenten wegen Gewähr- 
leistung zurückkjugehen. Noch mehr. Wenn der Schuldner schon vor der Cession zahlungsunfähig 
war, t°. kann der Cessionar durch Sönmung nichts verderben, solglich auch seinen Regreß nicht ver- 
liere n. (4. A.) In Heeberrinstimmung. hiermit sagt das Obertr. in dem Erk. v. 5. Juni 1855 (Arch. 
f. Rechtsf. Bd. XVIII. S. 39), der Cessionar werde dadurch, daß er die ihm cedirte Hypothekenfor- 
derung nicht binnen drei Monaten aufgekündigt hat, seines Regresses nicht verlustig, wenn die Forde- 
rung schon zur Zeit der Cession unsicher war. 
Die Borschriften der §§. 434, 435 finden nicht bloß dann Anwendung, wenn die Verpflichtung 
zur Gewährleistung für die Sicherheit der abgetretenen Forderung unminelbar aus dem Gesetze her- 
vorgeht, sondern auch dann, wenn diese Verpflichtung durch Vertrag begründet ist, insofern Umfang 
und Dauer derselben in dem Vertrage nicht andere behimm sind. Pl.-Beschluß (Pr. 137) des Oberrr. 
vom 19. Dezbr. 1836. (Entsch. Bd. I, S. 315.) Die Umerscheidung nach dem Entstehungsgrunde 
(Simon, Rechtsspr. Bd. III, S. 159; Bd. IV, S. 63 u. 70), welche durch den Pl.-Beschl. beseitigt 
wird, war schon früher von mir bekämpft worden (Uebergang der Forderungsrechte, S. 214 u. Jur. 
Wochenschrift 1836, S. 325). In der That sind auch zwei verschiedene Eutstehungsgründe (Gesetz 
und Vertrag) gar nicht vorhanden, vielmehr ist in allen Fällen ganz allein der Kontrakt die causa 
efticiens, denn die Verbindlichkeit zur Gewährleistung ist entweder ein Naturale oder ein Accidentale, 
folglich ist das Rechtsmittel immer die nämliche Kontraktsklage. 
Dieser Pl.-Beschl. verurtheilt zugleich eine andere Irrlehre, mit welcher das ehemalige Glogauer 
Oberlandesgericht, nach einer Mittheilung in der Themis 1837, Kol. 1148, aufgetreten . Dort wird 
behauptet, daß der Vertrag, in welchem die Gewährleistung (für die Sicherheit) auf eine bestimmte Zeit 
übernommen wird, ein Bertrag Über die Abänderung der Verjährung sei und also nicht gelte, wenn 
ihm die im §. 566, Tit. 9 vorgeschriebene Form fehle. Darnach wären denn alle Bürgschaften und 
alle Pfandbestellungen auf eine gewisse Zeit Verträge Über die Verjährung. Bei dieser Behauptung 
ist der sehr große Unterschied zwischen den Intercessionen auf Zeit und den Verträgen Über die Ver- 
jährung nicht gesehen worden, daß in jenen die Euntstehung der bedingten Verbindlichkeit selbst 
(der Eintritt der Bedingung), in den Verträgen Über die Abkürzung der Verjährungsfrist aber die Ver- 
folgbarkeit des wirklich entstandenen Rechts, der Zeit nach, begrenzt wird. 
70) Bis zum Beweise des Gegentheils, denn nach der Absicht des Gesetzgebers soll wohl nichts 
weiter als eine bloße Vermuthung hier gegründet werden. Der Ausdruck „es wird angenommen“ 
bezeichnet zwar, genau gesprochen, eine Fiktion, und dieser entspricht auch die unbedingte Vestimmung 
des folgenden §. 437. Bedacht ist der Unterschied nicht bei der Adfassung der beiden Stellen, und 
deshald ist auch nicht eine Absicht des Gesetzes zu finden oder zu muthmaßen, welche gar nicht vor- 
Landen gewesen ist. Die Meinung für eine Fiktion hat jedoch mit der für eine Vermiutthung gleiche 
erechtigung und es bleibt zu erwarten, wofür die Praxis sich schließlich entscheiden wird. 
71) S. o. die Anm. 66 zu §. 434 d. T. Die Haftung für ein geringes Versehen hat in der 
Geschäftsbesorgung für den Cedenten ihren Grund, weshalb "6 auch nur so lange dauert, bis diesem 
angedeutet worden ist, daß er seine Angelegenheiten nun selbst betreiben möge. §S. 439 d. T. 
72) S. o. die Anm. 66 zu §. 434 d. T., und die vor. Anm. 71. 
72 ) (4. A.) Auch dem weiteren Cessionar. Denn der erste Cedem wird seiner Verbindlichkeit 
gegen seinen Kontrahenten deshalb, weil dieser das Aktivum nicht selbst eingezogen hat, sondern durch 
Koch, Allgemeines Landrecht 1. 5. Anufsl. 45 
 
	        
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