730 Erster Theil. Eilfter Titel.
vom 24. September 1866 (Arch. f. Rechtss. Bd. LXV, S. 16). — Diese Gleichstellung unbestimmer
Leistungen auf Zeit, und dann einiger Ausstattungsgegenstände, mit alten ausgebildeten Instituren,
wie das Altentheil, Ka doch recht zweifelhast. (s. A.) Nach der Auffassung des Aleentheils als eines
selbstständigen dinglichen Rechts, ähnlich dem Nießbrauchsrechte, verstet es sich, daß durch den Vorbe-
halt (oben, Aum. 42, Abs. 7 zu §. 342) oder die Gründung desselben keine persönliche Verbindlichkeit
zur Entrichtung desselben für den Uebernehmer des damit belasteten Grundstücks entsteht; denn das Al-
teutheil ist ja nach dieser Aussassung eben keine Obligation, so wenig wie die vorbehaltene Grundge-
rechtigkeit oder der Nießbrauch. Hinsichtlich dieser logischen Folge jener Auffassung trifft man jedoch
auf eine auffallende Folgewidrigkeit des Obertr. Ein Auszligler hatte das mit dem Altentbeile bela-
stete Grundstück von *#n Last befreit und nahm daranf den Vortestter3 des Grundstücks, als den Kon-
stitnenten und persönlichen Schuldner, auf Leistung des Auszugs in Anspruch. Das Appellationsgericht
3t Insterburg wies den Anspruch deshalb, weil das Altentheil nicht ein persönliches Forderungerecht,
ondern eine serniönonge dingliche Last sei, folgerichtig ab. Dieses Urtheil erklärt das Obertrib. für
Berletzung eines Rechtsgrundsatzes, indem es dem Appellationsgerichte den Vorwurf macht, die Na-
tur und den Charakter eines Kaufs= und Altentheilevertrags verkannt zu haben. Das Obenib.
vernichtet demgemäß das Appellationsurtheil, weil das Altentheil, wie es im Widerspruche mit seinem
Pl.Beschl. v. 8. Januar 1855 ausführt, eine Obligation sei, welche eben nur durch Uebergang
mit dem Besitze der Sache dinglich werde. Pr. 2665 v. 8. April 1856 (Entsch. Bd. XXXII. S. 345).
In der ganzen Erwägung oder Begründung dieser Entscheidung ist viel Uuklarheit und der Begründung
des Pl.-Beschl. Widersprechendes, auch trifft man auf eine Verwechselung des Titels und der Begrün-
dungsart (des Kaufvertrages) mit dem begründeten Rechte selbst. Denn weil durch einen Kaufkontrakt
das Altemheil vorbehalten worden ist, verändert dasselbe doch nicht seine rechtliche Natur und wird
zur Obligation, durch welche der Konstituent zur künftigen Leistung persönlich, und ohne Besitz des
belasteten Grundstücks, verbindlich gemacht wird, gleichwenig wic er für einen Nießbrauch, welcher in
einem Kaufkontrakte reservirt oder konstituirt, demnächst aber durch Zurückgabe der Sache ausgegeben
worden ist, persönlich aufzukommen hat: der Kauskontrakt begründet hinsichtlich des eingcräumten Real-
rechte, außer der Verbindlichleit zur Gewährleistung, gar keine Obligation für den Einräumenden.
(5. A. Das Obertr. hat dieses Pr. 2665 vom 8. Aprll 1856 aufgehoben und an dessen Sielle folgenden
Rechtssatz gestellt: „Durch die vertragsmäßige Bestellung eines Auentheils wird der Koustituent des-
selben über die Zeit seines Besitzes des Grmustücks, auf welchei das Alteutheil haftet, nur in sofern
persönlich verpflichtet, als dies in dem Altentheils = Vertrage ausdrücklich verabredet ist.“ Hinzuge-
fügt ist: „Hierdurch wird das Pr. desselben (II.) Sen. vom 8. April 1856 Nr. 2665 aufgehoben,
sedoch der in dem Pr. dieses Senats vom 11. Ollober 1853 Nr. 2479 lunten, Anm. "““ ju S. 703,
Tit. 18] anerkannte Rechtssatz (betr. die Rückstände aus der Besitzzeit des abgetretenen Besivere) nicht
berührt.“ Pr. 2739, vom 6. April 1865, Entsch. Bd. LIV. S. 96. Damit hat das Odertr. seine
Jurisprudenz in dieser Materic wieder in die rechte Bahn gebracht. Demgemäß findet der Grundsat
jenes Pr. 2479, wonach der Besitzer eines mit Reallasten beschwerten Grundstückes auch nach Ver-
dußerung desselben für die in seine Besitzzeit sallenden Rückstände persönlich daftet, auch auf den Al-
tentheil als eine Reallast Anwendung. Erk. dess. vom 7. Juni 1866, Arch. f. Rechisf. Bd. LXIII,
S. 207.) Der Konstituent eines Altentheils wird durch vertragsmäßige Bestellung über die Zeit sei-
nes Besitzes des Grundstückes hinaus, auf welchem das Altentheil haftet, nur in soweit personlich ver-
haftet, als dies in dem Altentheilsvertrage ausdrücklich verabredet ist. — Der Testamentserde, welcher
mit dem Vermächtnisse eines Altentheils aus dem Nachlaßgrundstücke beschwert ist, wird durch die
Veräußerung dieses Grunstückes unter Auserlegung dieser Reallast von seiner persönlichen Haftung
für die über die Besitzzeit des neuen Besitzers hinaus rückständig bleibenden Prästationen nur dann be-
freit, wenn der Atemrhellebrschig jenem Vertrage beigetreten ist. Erk. vom 16. September 1867
(ebd. Bd. LXXI. S. 10. (4. A.) Gleiche Ungenaligleit zeigt ein älteres Erkenntniß v. 26. April 1855
(Arch. f. Rechtef. Bd. XVI. S. 344). Dort heißt es: Der Konstuuent eines Altentheils ist zwar dem
Altentheilsberechtigten persönlich verpflichtet; diese Verpflichtung ist aber bei der Natur des Alten-
theils als Reallast keine prinzipale. — Also eine fubsidiäre Was hat man sich dabei zu denken? Wie
eutsteht diese Obligation? Auf was ist sie gerichtet und wie verhält sie sich zur Reallast? Wird der
Alteutheil als ein Reservat ausgefaßt, so entsteht aus dem Vertrage gar keinc persönliche Verbindlich-
keit des Gutsübernehmers, nur durch den Besitz des Guts wird mit seiner Person die Verbindlich-
keit verknüpft, diejenigen Bestandtheile des Altentheils, welche in wiederlehrenden Prästationen beste-
hen, zu leisten, und von dieser Verbindlichkei wird er mit dem Aushören seines Besitzes befreu.
Sieht man den Altentheil als eine konstituirte Reallast an, so wird durch den Vertrag allerdiungs
eine persönliche und zwar eine prinzipale Verbindlichkeit des Konstitnenten gegründet; allein diese wird
durch eine einmalige Leistung getilgt. Die solvirende Leistung besteht in der Einränmung der emicl-
nen Berechtigungen des Altsitzers, beziehungsweise in der Einweisung desselben in die ihm zugesicher-
ten Gedrauchs- und Nutzungsrechte. Von nun an tritt eben dasselbe Verhalmiß ein wie bei cinem Re-
servate: der von der eingegangenen Verbindlichkeit zur Bestellung des Alteutheils durch Erfüllung be-
freite Konstituent ist personlich gar nicht meehr verpflichtet, nur durch den Besitz des belasteten Grund-
stücke und so lange dieser Besitz dauert, ist er zu den Handlungen und Leistungen gehalten, welche neben