732 Erster Theil. Eilfter Titel.
88. 603 und 604. Fallen weg 479).
10. G. v. 11. Juli 184 5 Ülber die Form einiger Rechtsgeschäfte. (G. S. S. 495.)
8. 1. Bei den Altentheils= oder Auszugsverträgen (5§. 603 u. 604 u. 8. 6, Nr. 3, II. 1 der
A. G.O.) soll die bisher vorgeschriebene Mitwirkung der Gerichte nicht mehr erforderlich sein, sondern
Jzur Gültigkeit dieser Geschäfte die für Verträge im Allgemeinen vorgeschriebene Form genügen.
Ges. v. 1. März 1869 (G. S. S. 377).
In den Bezirken der Provinz Hannover, in welchen das A. L. R. gilt, treten in Kraft:
1) Der H. 1 des G. v. 11. Juli 1845, jedoch bleiben die auf der Hannmoverschen Gesetzgebung
beruhenden Vorschriften über die Form der Rechtsgeschäfte, insbesondere die Vorschrift des
S. 29 des Hannoverschen Gesetzes vom 9. Mai 1828, betreffend die bäuerlichen Verhältnisse
in der niederen Grasschaft Lingen, in Kraft.
5. 605. Nähere Bestimmungen wegen des Auszugs oder Altentheils bleiben den
Provinzialgesetzen vorbehalten.
9) Bon Leib- 5. 606. Der Leibrentenkontrakt ist ein Vertrag, vermöge dessen sich Jemand ge-
renten?).
42) Wenn bei Konstituirung eines Altentheils bedungen worden ist, daß der Auszügler eine fest-
gesetzte Geidentschädigung für den Fall nicht gehöriger Nakuralleistung sordern dürfe, so ist das Wahl-
recht auf Seiten des Auszüglers, nicht aber des Verpflichteien. Pr. des Obertr. v. 24. Juni 1848
(Rechtsf. Bd. IV. S. 197). Denn der Auszügler ist Käufer der Leibrente. 3. 38 d. T. Vergl.
8. 274, Ti. 5 und die Anm. 19 zu §. 33 d. T. S. auch oben, §. 360, Tit. 5 und die An-
merk. 87 # daju.
(5. A.) Es ist unrichtig, daß im Falle des von dem Vew#pflichteten vorsätzlich verurfachten ge-
waltsamen Todes des Leibgedingers demselben über jenen hinaus bis zum Zeitpunkte des vermuth=
licben natürlichen Todes noch ein Anspruch auf das Leibgedinge zustehen soll und dieser Auspruch
sich vererben kann. Auch ist der Verlust des Ledens nicht als ein verm'ögensrechtlicher Schade aufzu.
sassen, der auf die Erben übergehen könnte, und das Leibgedinge hört unbedingt mit dem Leben auf,
der Schade liegt also nicht in den Verluste des Leibgedinges für den Lebensrest; aber er liegt darin,
daß dem Ueberlasser (Leibgedinger) die für das Grundstück Sdungne Gegenleistung, der Uebernahme-
preis, von dem Verpflichteten widerrechtlich entzogen worden. Dieser Verlust ist ein vermögenerccht-
licher und geht auf die Erben über. Erk. des Obertr. vom 23. Oktober 1865 (Archiv für Rechtsf.
Bd. LXIV. S. 20, 25). Die Verurtheilung des Verpflichteten wird dann aus der widerrechtlichen
Bereicherung hergeleitet, weil die Sache durch eine Abweisung der Klage aus dem Vertrage ange-
brachtermaßen in einem Vorprozesse in eine schiefe Lage gebracht worden war, und es ist beisällig
anzuerkennen, daß die auf Bereicherung gegründete neue Klage von dem Obertr. für gültig erachtet
worden ist. Korrekt würde es von Anfang gewesen sein, die Klage auf den, dem sehr nahe ver-
wandten Institute der Leibrente angehörigen, für den gleichen Fall geltenden Grundsatz zu stügzen
und den §8. 621 d. T. analogisch anzuwenden. Das wird auch von dem Obertr. mit den Worten:
„Es würde nach §. 49 der Einleitung kaum ein Bedenken odwalten können, die Bestimmung jener
. 620, 671 auf den gang gleichen Hou bei Leibgedingsverträgen anzuwenden“ (S. 26 a. a. O.),
zutreffend anerkannt.
42°) (3. a.) Der §S. 603 schrieb die gerichtliche „Regulirung“ des Auszugs vor und der §. 604
wies den Richter an, darauf zu achten, daß der neue Besitzer dem Abgehenden nicht solche übermä-
Hhige Vortheile einräume, wodurch er selbst der Stelle gehorig vorzustehen, und die Lasten derselben
zu übertragen unvermogend werde. Diese Prozedur setzie einen gewissen Grad von Unfreiheit der
Kontrahenten voraus, welche schon lange nicht mehr besteht, womit die Grundlage des ganzen Insti-
tuts verloren gegangen. Denn der Altentheil ist wesentlich eine durch die Obrigkeit ausgelegte Last
bei bäuerlichen Stellen, und kommt daher nicht mehr vor. (4t. A.) Man benutzk den §. 604 jedoch
noch dazu, dem Richter die Ermächtigung beizumessen, die im Kontrakte umterbliebenen Bestimmun-
gen der einzelnen Auegedingeleistungen, unter Zuziehung von Sachverständigen, durch richterliche Fest-
setzung zu bewirken. Erk. des Obertr. v. 15. Fedruar 1856 (Arch. f. Rechisf. Bd. XX S. 173).
Denn der Mangel einer näheren Bestimmung des zu gewährenden Altentheils, welches sich der Abtrekende
in dem Vertrage über die Abtretung des Bauerguts, dessen Uebergabe noch vorbehalten ist, ausbe-
dungen hat, macht den Vertrag nicht unglültig. Erk. des Odertr. v. 26. April 1854 (Arch. f. Rechtef.
Bd. XIV., S. 16).
*) (5. A.) Imm. Weber, de contractu vitalitio, duo alimenta ad dies vitae comparantur.
Ed. 2. Frankfurt ad Viadrum 1750. Abr. Küstner, de contrachu vitalitio. Lips. 1714. Neuere
Werke: Ludw. Prosp. van Damme, de contractu reditus vitalitii secundum jus hodiernum.
Gand. 1825. Landeloos, de reditu vilslitio. Lovan. 1826. — Ueber Preußisches Recht: Bor-
nemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts, Bd. III, s. 227, Nr. 3. Mein
Recht der Forderungen, 2. Ausg. Bd. III, §5. 335 — 337.