Vorwerk war, zu dem der ohnweit davon im Grunde %
Eisenhammer, jetzt die Herrenmühle, gehörte. Beide Grundstücke waren
vor langen Jahren im Besitz eines gewissen Pessel, der ein zwar reicher,
aber ebenso habsüchtiger Mann war, dem alle Mittel recht waren, wenn
sie nur zur Vergrößerung seines Mammons dienten. Einst ging der-
selbe in der Liebenauer Kirche, wohin das Vorwerk früher gepfarrt
war, zur Kommunion und sah, wie der Lauensteiner Schösser ein fun-
kelnagelneues Goldstück als Opferpfennig auf den Altar legte. Da
gab ihm der Teufel den bösen Gedanken ein, sich dieses Goldstückes zu be-
mächtigen; er wartete also, bis alle übrigen Kommunikanten an den
Altar getreten waren, und als er nun als der letzte hinzutrat, um
die Hostie zu empfangen, stahl er mit gewandter Hand das Goldstück
vom Altare herab. Der Geistliche hatte jedoch den Frevel bemerkt,
und als nun Pessel auf der anderen Seite des Altars den Kelch em-
pfangen sollte, zog jener ihn zurück, verkündete öffentlich seine Schand-
that und verfluchte ihn. Pessel wankte nach Hause, allein der Schreck
und die Reue warfen ihn aufs Krankenbett, von dem er nicht wieder
aufstand. Als nun aber einige Tage darauf in früher Morgenstunde
ihn seine Hammerknechte nach Liebenau zu Grabe trugen, überraschte
sie beim Eingange des Trebnitzgrundes ein plötzliches Donnnerwetter;
sie stellten den Sarg am Rande einer Wiese hin und flüchteten in die
im Grunde gelegene Mühle. Als nach einem furchtbaren Donner-
schlage das Gewitter sich verzogen hatte und sie aus der Mühle her-
austraten, um den Leichenkondukt wieder fortzusetzen, war der Sarg
spurlos verschwunden und man glaubte, daß der Teufel denselben
samt dem Inhalte entführt habe. Seit dieser Zeit aber erblickt man
jede Mitternacht den Schatten des alten Pessel, der nach der Mühle
zu umherirrt und mit schaurigem Geheul seine Leichenträger sucht und
sie bittet, ihn doch zur Ruhe zu bringen. Durch diesen Spuk kam
aber auch die Mühle selbst sehr bald in Verruf. Niemand wollte
mehr dort mahlen lassen und noch weniger hatte jemand in ihr Ruhe,
woher es kam, daß sie bald von ihren Bewohnern verlassen ward
und als Ruine für ewige Zeiten von dieser schauerlichen Geschichte
Kunde giebt.
110. Die Erlösung.
(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 99.)
Auf einer Wiese am Abhange des Plattenberges bei Platten sah
man vor längst entschwundenen Jahren öfters einen Mann umherwan-
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