Einmal mußte ein Bauer um die Mitternachtsstunde mit seinem
Wagen den Weg passieren. Da gewahrte er plötzlich den schwarzen
Hund, der, als er näher kam, mit einem Sprunge auf dem Wagen
war. Der Bauer wurde leichenblaß; er bebte und zitterte an allen
Gliedern, nahm die Peitsche, schlug nach dem Hunde und fing an ent—
setzlich zu schimpfen; allein das unheimliche Tier rührte sich nicht. Da
der Bauer einsah, daß er im Bösen nichts ausrichte, fing er an zu
beten und zu seiner Überraschung wurde der Hund auf einmal halb
weiß, blieb aber immer noch liegen. Jetzt wußte sich der schlichte
Bauer keinen Rat mehr; er rief nun mit lauter Stimme: „Lieber
Herrgott, laß mich doch nur wissen, was dieses Höllentier von mir
will!“ Sobald er diese Worte gesprochen, wurde der Hund ganz weiß
und verschwand, und eine Stimme rief dem Bäuerlein zu: „Tausend
Dank! Du hast meine arme Seele erlöst und mich von meinem Leid
befreit!“
Im Jahre 1867 ging am heiligen Weihnachtsabende ein mutiges
Bürschchen, das bei einem Görkauer Meister in der Lehre stand, heim
zu seinen Angehörigen nach Komotau. Furchtlos schritt der Jüngling
vorwärts. Ein kalter Frost wehte ihn an, lautlose Stille herrschte
ringsum, nur unterbrochen von dem Knirschen des Schnees. Schon
hatte er Udwitz hinter sich; da, kaum noch 100 Schritte von der St.
Josephsstatue entfernt, erblickt er den schwarzen Hund, dessen feurige
Augen wohl auch dem Beherztesten Schrecken eingejagt hätten. Halb—
tot schleppte sich der arme Junge weiter, kein Auge von dem unheim—
lichen Begleiter wegwendend. Da griff er plötzlich in die Tasche, zog
sein Messer heraus und stach auf die Bestie los. Zwar schwang der
Arm das Messer, ein Schwefelgestank verbreitete sich, aber — ruhig
schritt das Tier wieder neben dem Wanderer einher. Kalter Angst-
schweiß bedeckte die Stirn des armen Knaben; schon glaubte er, sein
letztes Stündlein sei gekommen. Da faltete er die Hände und fing
an zu beten. Kaum hatte er ein Vaterunser geendet, so war auch
das Untier verschwunden. Bleich und verstört kam der Armste bei
den Seinen an. Längere Zeit hindurch mußte er das Bett hüten.
In den frühesten Zeiten hat der Hund wohl allen Ariern als ein den Göttern
geheiligtes und darum mit der Gabe der Weissagung ausgeslattetes Tier gegolten.
Später wurde er Hüter der Unterwelt und galt dann als Tod= oder Unglücksver-
kündiger. Der eine von den beiden „Wege bewachenden“ Hunden, welche nach der
indischen Sage dem Todesgotte Yama beigesellt sind, ist der schwarze Sarameya,
der die Sterbenden heimsucht. Auch die griechische Mythe weiß von einem Höllen-
hunde und geistersichtigen Hunden wie die germanische Sage. Nach letzterer witten
es auch die Hunde der Sterblichen, wenn die Nornen und Walkyren ausgesandt
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