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Moosmännchen, wilden Weibern und Holzweibchen. Wie die Nixe
fügen sie sich nicht in die Civilisation, und obschon sie zuweilen freund-
lich mit den Menschen verkehren und dieselben für geleistete Dienste
belohnen, so ist ihnen doch der Humor, welcher die Zwerge auszeichnet,
fremd, und Schwermut oder große Wildheit charakterisiert sie. Zu-
weilen treten die Holzweibchen als Schicksalsverkündiger oder Wetter-
propheten auf. Der wilde Jäger oder der Teufel verfolgt sic auch
im Erzgebirge und ein Baumstamm mit eingehauenen Kreuzen gewährt
ihnen gegen denselben Schutz, wenn sie sich auf ihm niederlassen. Die
vogtländische Sage, welche von ihnen das meiste weiß (Jul. Schmidt,
Topographie der Pflege Reichenfels und Witzschel, Sagen aus Thürin-
gen), erzählt, daß sie vor dem wilden Jäger Ruhe finden, wenn sie
sich auf einen Stamm setzen, in welchem während der Zeit, da man
den Schall des niederfallenden Baumes hört, drei Kreuze in einem
Zwickel gehauen wurden. Im Sagenschatz des K. Sachsen (zu No.
550.) bemerkt hierzu Gräße, daß viele glauben, die Holzweibchen seien
aus den heidnischen Sorbenfrauen entstanden, die vor dem Christen-
tume in die Wälder geflohen, wenn sie dieselben aber wieder verlassen
hätten, von den Christen verfolgt bei Stämmen, auf denen drei Kreuze
eingehauen gewesen, Schutz gesucht und gefunden hätten. Dagegen
zählt Jakob Grimm die Holzweibchen, die nach ihm einen Ubergang
zu den Zwergen bilden, zu dem heidnischen Gespensterspuk, der sich
aus den Vorstellungen von halbgöttlichen Wesen, mit denen das Hei-
dentum den Wald bevölkert dachte, entwickelte. (Deutsche Myth., S.
243 und 520.) Und Nork greift in den Sitten und Gebräuchen der
Deutschen (S. 63.) sogar auf die Gnomengestalten der indischen Sagen
zurück, mit denen er unsere ähnlichen Sagenstoffe wie Ausläufer aus
einer gemeinschaftlichen Wurzel in Verbindung setzt. — Unsere Sage
nennt die Holzweibel auch Buschweibchen und faßt sie teilweise als
den Moosweibchen gleiche Wesen auf. Die Moosweibchen waren
immer zwerghaft und über und über mit Moos bewachsen; nach der
thüringischen Sage wohnten sie an dunklen Orten und in Höhlen unter
der Erde. (Richter, Sagen des Thüringer Landes, IV. S. 43.)
Wie in Thüringen die Moosweibchen, so kamen auch im Erzgebirge
die Buschweibchen zuweilen in die Wohnungen der Menschen und be-
gehrten daselbst Essen. Sie beschenkten mit Spänen und Laub, welche
Dinge sich später in Gold verwandelten. Bei uns wurden sie wie die
eigentlichen Zwerge vertrieben, als man das Brot im Backofen zählte.
Neben den Sagen vom Erscheinen der Holzweibchen im Erzge-
birge, von denen ein Teil allerdings nur noch in älteren schriftlichen
Uoeöerlieferungen vorhanden ist, leben im Volke noch Redensarten, 1
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