Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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wunderschönen, duftenden Kuchen liegen. Der Bauer biß herzhaft 57 
den Kuchen und ließ sich ihn ausgezeichnet schmecken, der Knecht aber 
mißtraute der geheimnisvollen Gabe und verschmähte sie. Klatsch! — 
da hatte der Undankbare auch schon von unsichtbarer Hand eine tüch- 
tige Ohrfeige erhalten, an die er sich noch lange nachher schmerzlich 
erinnerte. 
  
143. Die Heilingszwerge. 
(Nach Grimm in der Erzgebirgszeitung, 2. Jahrg., S. 6.) 
An der Eger, zwischen dem Hofe Wildenau und dem Schlosse 
Aich, ragen große Felsen empor, die man von Alters her die Heilings- 
felsen nennt. Am Fuße derselben erblickt man eine Höhle, inwendig 
gewölbt, auswendig aber nur durch eine kleine Offnung erkennbar, in 
die man, den Leib gebückt, kriechen muß. 
Diese Höhle wurde von kleinen Zwerglein bewohnt, über die 
zuletzt ein unbekannter alter Mann, namens Heiling, als Fürst ge- 
herrscht haben soll. Einmal vor Zeiten ging ein Weib, aus dem 
Dorfe Daschwitz gebürtig, am Vorabende von Peter Pauli in den 
Forst und wollte Beeren suchen; es wurde Nacht, und sie sah neben 
diesem Felsen ein schönes Haus stehen. Sie trat hinein, und als sie 
die Thüre öffnete, saß ein alter Mann am Tische, der schrieb emsig 
und eifrig. Die Frau bat um Herberge und wurde willig angenommen. 
Außer dem alten Manne war aber kein lebendes Wesen im ganzen 
Gemach, allein es rumorte heftig in allen Ecken; der Frau ward 
greulich und schauerlich und sie fragte den Alten: „Wo bin ich denn 
eigentlich?“ Der Alte versetzte, daß er Heiling heiße, bald aber auch 
abreisen werde, „denn zwei Drittel meiner Zwerge sind schon fort und 
entflohen.“ Diese sonderbare Antwort machte das Weib noch unruhi- 
ger, und sie wollte mehr fragen, allein er gebot ihr Stillschweigen 
und sagte nebenbei: „Wäret Ihr nicht gerade in dieser merkwürdigen 
Stunde gekommen, solltet Ihr nimmer Herberge gefunden haben.“ 
Die furchtsame Frau kroch demütig in einen Winkel und schlief sanft 
ein. Als sie am Morgen mitten unter den Felssteinen erwachte, 
glaubte sie geträumt zu haben; denn nirgends war ein Gebäude zu 
sehen. Froh und zufrieden, daß ihr in der gefährlichen Gegend kein 
Leid widerfahren sei, eilte sie nach ihrem Dorfe zurück; es war alles 
so verändert und seltsam. Im Dorfe waren die Häuser neu und an- 
ders aufgebaut, die Leute, die ihr begegneten, kannte sie nicht und sie 
wurde auch nicht von ihnen erkannt. Mit Mühe fand sie endlich dee 
Hütte, wo sie sonst wohnte, und auch die war besser gebaut; nur die- 
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