Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

Vor Zeiten arbeitete auf dem Donat auch ein Bergknecht —i 
welcher so arm war, daß er manchmal hätte verzweifeln mögen. Er 
weinte oft stundenlang in der Grube und eines Tages, als er sich 
keinen Rat mehr wußte, brach er in laute Klagen aus. Do zerteilte 
sich der Felsen und aus dem steinernen Thore trat ein kleines Männ- 
chen hervor. Das war der Berggeist, der sagte: „Armer Hans, ich 
will Dir helfen, aber Du mußt mir jede Schicht dafür ein Pfennig- 
brot und ein Pfenniglicht geben und ewiges Schweigen geloben!“ 
Hans, welcher sich bald von seinem Schrecken erholt hatte, versprach 
alles mit Freuden. Darauf verschwand der Berggeist wieder und ließ 
ihm des Silbers in Menge zurück. Nun war Hans ein gemachter 
Mann, der schon ein paar Groschen aufgehen lassen konnte. Niemand 
konnte begreifen, woher er das Geld habe, und er nahm sich wohl 
in acht, davon zu plaudern. Aber da kam das Stollnbier, wo das 
Bergvolk sich der Freude hinzugeben pflegt. Hans war diesmal vor- 
züglich auf dem Zeuge und sprach dem Glase wacker zu. Bald war 
er berauscht und konnte in der Lust des Herzens das Geheimnis nicht 
länger verschweigen. Als aber am andern Tage sein Taumel verflogen 
war und die Freunde ihm erzählten, was er geplaudert habe, da er- 
schrak er und fuhr mit Zittern und Zagen an. Sein Geschäft war, 
den Knechten, welche am Haspel standen, das Zeichen zu geben. Diese 
warteten lange vergeblich, er gab kein Zeichen, sie riefen ihn, er ant- 
wortete nicht. Da plötzlich zuckte es rasch am Seile und ein helles 
Licht erglänzte in der Teufe. Die Haspelknechte wußten nicht, was 
das zu bedeuten habe, drehten aber den Rundbaum mit Eile banger 
Erwartung, und bald war der Kübel zu Tage gefördert. Rings um 
den Rand desselben brannten Pfenniglichte, und drinnen lag der arme 
Hans tot, mit blauem Antlitz, wie ein Erdrosselter, und auf ihm 
das letzte Pfennigbrot. Der grausame Berggeist hatte ihn umgebracht. 
  
155. Der Berggeist bestraft einen Kunstwärter. 
(Mitgeteilt vom Lehrer E. Schlegel aus Zschorlau.) 
Nahe bei „Sieben-Schlehen“ befand sich ein Schacht, in wel- 
chem folgendes geschah: Als der Kunstwärter daselbst das Kunstzeug 
einölte und dabei an den Hauptzapfen kam, ließ sich ein Gesicht an 
der Wand sehen, welches sprach: „Diesen Zapfen schmiere ich.“ Der 
Kunstwärter gehorchte und ließ von da an diesen Zapfen unberührt, bis 
er doch einmal das Gebot übertrat. Kaum hatte er den Hauptzapfen 
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