Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
und unter ihm keine Häuer arbeiteten. Da suchte er sein e í â ïí 
zusammen, um wieder auszufahren. Als er aber im Stollen um eine 
Ecke bog, trat ihm plötzlich aus einem von den Alten betriebenen und 
wieder verlassenen Orte ein kleiner, dicker Mann im Grubenkittel ent— 
gegen. Schlägel und Eisen, die ihm im Gürtel staken, waren ungeheuer 
groß und stark. In der rechten Hand hielt er eine Blende, in der 
aber kein Licht brannte, sondern ein herrlicher grüner Stein befestigt 
war, der einen wunderlieblichen Schein in hellen Strahlen nach allen 
Seiten hinwarf. Wie nun Daniel schweigend vorübergehen wollte, 
ward er mit Erstaunen gewahr, daß der unbekannte Bergmann mit 
seinem Leibe die Breite des Stollens so genau ausfüllte, daß an ein 
Vorbeischlüpfen nicht zu denken war. Er trat also einen Schritt zu— 
rück, schlug ein Kreuz vor der Gestalt und sagte: „Wer Du auch 
seist, gieb einem frommen Bergmanne Raum, der auf seinem Berufs— 
wege wandelt!“ Aber der kleine Kerl lachte und sagte: „Ich fürchte 
mich vor Deinem Zeichen nicht, Kamerad, und magst Du daraus ab— 
nehmen, daß ich Dir kein Leid zufügen will. Im Gegenteil, ich will 
Dir helfen. Du bist ein armer Kerl, hast manchmal kaum satt Brot 
und verdienst mehr, als alle die Schurken, die hier anfahren. Ich bin 
der, den Ihr den Bergmönch nennt, bin Herr über alle Gebirge dieser 
Gegend und kenne alle edlen Flötze und reichen Gänge. Dich hab ich 
lieb gewonnen und will Dich zum reichen Manne machen. Hier nimm!“ 
Damit langte er aus seinem weiten Grubenkleide eine Menge der 
herrlichsten Schaustufen von Rotgüldenerz hervor. „Gott behüte“, 
sprach Daniel, „daß ich Euer Geschenk annehme, und somit meinen 
Landesherrn bestehle. Wißt Ihr wirklich, wo edle Geschicke brechen, 
so zeigt es dem Steiger an, und wir bekommen dann alle einen höheren 
Lohn. Schimpft mir auch nicht auf meine Kameraden, es sind auch noch 
ehrliche Kerls darunter.“ „Narr Du, brummte der Bergkönig, „mit 
Deinen ehrlichen Kameraden; und Dein Steiger ist ein Schuft, der 
die Grube bestiehlt und dem ich noch einmal den Hals umdrehen will! — 
Du nimmst also mein Geschenk nicht?“ „Ich darf nicht, Herr!“ ent- 
gegnete Daniel. „Nun, so krieche hinaus, Du blöder Maulwurf!“ 
Mit diesen Worten faßte ihn der Berggeist bei den Schultern und 
warf ihn den Stollen vor bis an den Fahrschacht, ohne daß dem 
Daniel jedoch ein Glied weh gethan hätte. Derselbe stieg nun hinauf, 
und als er so hoch oben war, daß das Tageslicht in den Schacht fiel, 
sah er wieder den Berggeist, welcher bereits oben war und mit dem 
Neffen des Steigers seine Silberstufen theilte. Da der Neffe aber 
immer die größere Hälfte in seinen Kittel steckte und darauf den 
Üübrigen Teil dem Berggeiste zuschob, packte ihn dieser beim Gürtel, 
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