Contents: Handbuch der Politik.Dritter Band. (3)

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154 Otto Blum, Die Weiterbildung der Technischen Hochschulen. 
reitenden“ Fächern (Mathematik und Naturwissenschaften) gewidmet, ausserdem den Anfangs- 
gründen des Fachstudiums. Die vıer Semester nach dem Vorexamen umfassen das eigentliche 
Fachstudium. Den Abschluss bildet das Diplom-Hauptexamen, nach dessen Bestehen die Kandidaten 
von der Hochschule zu ‚„Diplom-Ingenieuren — abgekürzt „Dipl.-Ing.“ — ernannt werden. Nur 
diese Diplom-Ingenieure (ferner die Regierungsbauführer und Regierungsbaumeister) können als 
vollwertige „Ingenieure“ und „Architekten“ bezeichnet werden, daneben auch ältere Herren, die 
zu einer Zeit studiert haben, in der es noch keine Prüfungen gab; die Titel ‚Ingenieur‘ und ‚Archi- 
tekt‘“ sind aber leider immer noch vogelfrei: Der Dipl.-Ing. kann die Würde eines Doktor-Ingenieurs 
— „Dr.-Ing.“ — in einem Verfahren erwerben, das der Doktorpromotion der Universitäten im 
wesentlichen entspricht. — Das vorgeschriebene achtsemestrige Studium wird auch von fleissigen 
Studierenden meist um ein und einschliesslich des Examens um zwei Semester überschritten. 
Das Studium an der Technischen Hochschule umfasst: 
a) Vorträge der Dozenten; 
b) Übungen, in denen Entwürfe einschl. der erforderlichen Berechnungen durchgearbeitet 
werden, 
c) Seminar-Arbeiten, 
d) Arbeiten in den verschiedenen Laboratorien und Prüfeanstalten (vgl. unten), 
e) Exkursionen und Besichtigungen. 
Weil bei den Arbeiten unter b) „gezeichnet“ wird, herrscht vielfach die irrige Anschauung, 
das „Zeichnen“ sei die Hauptsache in den technischen Berufen und diese beruhten daher haupt- 
sächlich auf Handiertigkeit; diese Anschauung ist durchaus Irrig: das Zeichnen ist. nur dıe Sprache 
des Technikers, mit der er einen Teil seines Wissens und Könnens ausdrückt. 
Die Technischen Hochschulen haben sehr damit zu kämpfen, dass die Vorbildung der Stu- 
dierenden in der Mathematik und den Naturwissenschaften sehr verschiedenartig ıst. Ebenso 
wie für andere Berufe wäre eine stärkere Betonung dieser Gebiete auf dem humanistischen Gym- 
nasium sehr zu begrüssen, während die Realanstalten in der Mathematik vielleicht zuviel leisten 
wollen. 
Die Technischen Hochschulen müssen, weil sich die verschiedenen Lehrgebiete planmässıg 
aufeinander aufbauen, ,„Studienpläne“ aufstellen, und es hat sich mehr und mehr als nötig erwiesen, 
für jedes Studienjahr eine Art von „Pflichtfächern“ den Studierenden zwar nicht vorzuschreiben, 
aber zu empfehlen; die Studierenden halten sich auch meist ziemlich streng an diese Vorschläge, und 
der Erfolg gibt dem System Recht. Das Examen übt ausserdem einen gewissen Zwang zum Besuch 
der Übungen und Laboratorien aus; die akademische Freiheit leidet hierunter aber nicht. 
Der schnellen Entwicklung der Technischen Wissenschaften entsprechend befinden sıch die 
Studienpläne in einer ständigen Fortentwicklung, die sich oft nur unter Kämpfen durchsetzt. Die 
Entwicklung muss zunächst den Fortschritten der Technik Rechnung tragen, also neue Fach- 
gebiete aufnehmen: noch vor einem Jahrzehnt wurden Explosionsmotoren, Automobile, Luft- 
schiffahrt, Dampfturbinen, grosse Gebiete der Elektrotechnik kaum betrieben, heute sind es Wissens- 
gebiete, denen jeder Studierende des Maschinenbaus sich widmen muss, und auch die schon länger 
betriebenen Fächer haben ihren Inhalt sehr erweitert oder auch ganz umgestaltet. Ausserdem muss 
aber verlangt werden, dass die Studierenden sich staatsrechtliche und volkswırt- 
schaftliche Kenntnisse erwerben. Die Hauptschwierigkeit der Weiterentwicklung besteht 
nun darin, dass der grösser werdende Stoff ohne Verlängerung des Studiums bewältigt werden muss. 
Im Einzelnen wird sıch die Entwicklung folgenden Zielen zuwenden müssen: 
  
I. Das erste Mittel hierzu besteht in der Beschränkung der ‚„vorbereitenden“ Fächer, vor 
allem der Mathematik (wenigstens für die Durchschnittsstudierenden), der jetzt ungebührlich 
viel Zeit gewidmet wird. Das wird naturgemäss von vielen Mathematikern nicht anerkannt, und 
dadurch entstehen nicht selten Konflikte zwischen ihnen und den Fachprofessoren. Der In- 
genieur ist aber kein Mathematiker; es ist also fehlerhaft, ihn dazu erziehen zu wollen, das Übermass 
an Mathematik, an der &cole polytechnique hat z. B. der Technik Frankreichs zum Schaden gereicht.
	        
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