Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
waren, ein Stück Käse hineinzuwerfen. (Henne-Am-Rhyn, die deutsche Volks- 
sage, S. 269.) 
  
181. Ein gefangenes Waldweibchen verkündet den Frieden. 
(Chr. Lehmann, Histor. Schauplatz, S. V58.) 
Als Kurfürst Joh. Georg I. im Jahre 1644 um Rabenstein ge- 
jagt hatte und am 18. August an Chemnitz vorbeizog, bekam er die 
Nachricht, daß seine Jäger ein wildes Weiblein in der Stallung 
gefangen hätten, welches einer Ellen lang, von menschlicher Gestalt, 
rauher Haut, doch im Angesicht und an den Jußsohlen glatt war. 
Endlich habe dasselbe angefangen zu reden und gesagt: „Ich verkündige 
und bringe den Frieden.“ Darauf hat der Kurfürst befohlen, dasselbe 
wieder laufen zu lassen und gesagt: „Wir erinnern uns, als wir vor 
25 Jahren auf den Lautersteinischen und Crottendörfischen Wäldern 
gejagt, daß wir dergleichen Männlein gefangen, welches uns den Krieg 
verkündiget und gesagt: „Ich bring euch Krieg.“ 
  
182. Das Holzweibchen im Schönecker Walde. 
(Illustrirtes Familien = Journal. VI. No. 157.) 
Da droben im Schönecker Walde lebte vor Jahren ein Holzhauer, 
ein braver, stämmiger Bursche, der aber trotz rastloser Thätigkeit kaum 
soviel verdienen konnte, um eine alte kranke Mutter und ein paar 
kleinere Geschwister zu ernähren. Es ging immer knapp her, und 
doch mußte hie und da noch ein Groschen für ein rotes Band oder 
etwas dergleichen abfallen, womit der Bursche die Tochter des Nach- 
bars beschenkte. Die jungen Leute waren einander gut; aber an's 
Heiraten durften sie noch lange nicht denken, denn es fehlte ihnen ein 
eigenes Hüttchen, und die Wohnungen der Altern hatten nicht Raum 
für einen neuen jungen Hausstand. Da entschloß sich der Bursche 
schweren Herzens, ein paar Jahre hinaus in die Welt zu wandern 
und sich irgendwo zu vermieten, bis er sich das Nötige verdient 
haben würde. Als er bald darauf durch den grünen Wald zog und 
trübe Bilder der nächsten Zukunft in seiner Seele auftauchten, da 
sprang plötzlich vor ihm ein kleines graues Mütterchen mit einem 
Körbchen Reisig aus dem Gebüsche, und wie gehetzt lief es auf ihn 
zu und bat flehentlich, er möge schnell in eine niedergebrochene Fichte, 
die just über den Weg lag, drei Kreuze schneiden, der wilde Jäger 
sei ihr auf dem Fuße und der sei ihr Feind und werde sie töten. 
Das alles war das Werk eines Augenblicks, und alsbald hatte der 
  
144
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.