angehörte und auf dem Turmhofe anfuhr. Sein Vater, obschon 55
rauher und harter Mann, war ihm doch mit wahrhaft abgöttischer
Liebe zugethan.
Auch der Obersteiger Gebhardt vom Turmhof hatte ein Kind und
zwar ein vielumworbenes hübsches Töchterchen, welches Johanna hieß.
Alle Bemühungen um ihre Hand wurden aber von Johanna zurückge-
wiesen, denn sie hatte sich bereits mit des Kunststeigers Sohn Veit
heimlich verlobt, und wenn letzterer die ihm bereits verheißene An-
stellung als Untersteiger erhalten haben würde, wollten sie Hochzeit
machen, falls ihre Väter (die Mütter waren bereits gestorben) nichts
dagegen hätten. Der Obersteiger erfuhr auch sehr bald aus dem Munde
seiner Tochter, wie die Sache stand, und seine Bedenken wurden durch
die Thränen und Bitten der Tochter und im Hinblick auf Veits berg-
männische Tüchtigkeit und untadelhafte Aufführung endlich beseitigt.
Anders war es bei dem alten Kunststeiger. Derselbe grollte mit
dem Obersteiger fort und trachtete darnach, demselben Schaden zuzu-
fügen. Dazu sollte ihm das unlängst geschlossene Bündnis mit dem
Teufel helfen. Für die Dienste, welche ihm letzterer zu gewähren ver-
sprochen hatte, sollte ihm der Kunststeiger Heinrich alljährlich die Seele
eines Menschen liefern, und zwar sollte es jederzeit derjenige sein,
welcher am letzten Tage des Jahres der letzte beim Ausfahren aus der
Grube Turmhof wäre. — Wieder war der letzte Tag des Jahres er-
schienen, an welchem nach dem Vertrage der Plan des bösen Kunststeigers
zur Ausführung kommen mußte. Die Schichtzeit war abgelaufen, die
Zeit zum Ausfahren gekommen. Die sämtliche Mannschaft befand sich
auf der Fahrt; der Obersteiger war vom Kunststeiger durch irgend
einen Vorwand in der Grube zurückgehalten worden. Jetzt kamen sie
zum Schachte; da bestieg der Kunststeiger schnell die Fahrt und gab vor,
dem Obersteiger beim Hinausfahren das Offnen des Schachtdeckels erspa-
ren zu wollen. So gelangte der Obersteiger als der letzte zum Ausfahren.
Der Himmel aber fügte es, daß der Kunststeiger dennoch eine
falsche Rechnung gemacht hatte. Sein eigener Sohn Veit war, unbe-
merkt von ihm, noch in der Grube zurückgeblieben. So wurde dieser
nun derjenige, der zuletzt zum Ausfahren kam; — aber er hat das
Tageslicht nicht mehr gesehen und keines Menschen Auge erblickte den
Unglücklichen jemals wieder. Der Teufel lauerte seinem Opfer auf und
stürzte es rücklings in die grausige Tiefe. Als der Kunststeiger seinen
Feind, den Obersteiger Gebhardt, rüstig und ohne Fährlichkeit Sprosse
um Sprosse hinter sich nachfahren sah, mochte er sich wohl wundern,
daß der Satan sich nicht des letzteren bemächtigte. Mit Unwillen und
Staunen bemerkte er, daß sein Widersacher unbeschädigt nach ihm die
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