Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

Schachtkaue betrat. Als er aber mit düster forschendem Blicke die 
Mannschaft überschaute, und unter ihr seinen Sohn Veit vermißte, da 
fiel es ihm wie Schuppen von den Augen; der Teufel hatte ihn um 
das liebste, für welches sein verknöchertes Herz noch Gefühl gehegt, 
betrogen. Bewußtlos sank er zusammen. 
Die Abwesenheit Veits war bald bemerkt worden; man wunderte 
sich über sein Außenbleiben. Da erhob sich der endlich zum Bewußt— 
sein gekommene Kunststeiger mit irrem Blicke. Hastig schrie er: „Ich 
will sehen, wo mein Sohn geblieben ist!“ Dann fuhr er zurück in die 
Grube. „Niemand folge mir, dem sein Leben lieb ist!“ herrschte er 
den Knappen zu, die sich erbötig zeigten, den bekümmerten Vater zu 
begleiten. · 
Die Berghäuer gehorchten und lauschten nur hinab in die Tiefe. 
Da erscholl es drunten wie von mächtigen Axthieben und man 
vernahm bald darauf ein entsetzliches Geprassel. Erschrocken flohen die 
Leute, denn sie befürchteten des Schachtes baldigen Einbruch und hatten 
sich nicht getäuscht. Der Kunststeiger zerhieb mit furchtbaren Agxt- 
schlägen die Kunstgestänge und zerstörte die Gerinne, in welchen das 
starke Aufschlagwasser zum Umtriebe des Kunstrades über den Schacht 
geleitet war, so daß die ganze Wassermasse sich in die Tiefbaue ergoß 
und bald die ganze Grube ersoff. In den wild hereinstürzenden Ge— 
wässern hat der Kunststeiger seinen Tod gefunden. Der Teufel ver— 
paßte seine Zeit nicht: er hatte ihn drunten geholt. 
Des Obersteigers Tochter Johanna verfiel infolge jenes trüb— 
seligen Ereignisses in ein hitziges Fieber, an welchem sie lange in 
Lebensgefahr darniederlag. Die Jugend half ihr die Krankheit über— 
winden, aber sie war und blieb für immer tiefsinnig. So trat sie 
in das in der Sächsstadt zu Freiberg gelegene Jungfrauenkloster zur 
heiligen Maria Magdalena ein. Erst später verließ sie es wieder, 
als dasselbe bei der Reformation gänzlich aufgelöst wurde, und kehrte 
in die Welt zurück. Die Grube Turmhof kam nach jenem unglück— 
lichen Ereignisse zum Erliegen, denn wo der Teufel gehaust hat, kann 
kein Segen aufkommen. 
253. Der versteinerte Kammerwagen. 
(Fr. Bernau: Comotovia 1877, S. 80.) 
In einem friedlichen Thale bei Neudeck lebte ein Bauersmann 
still und zufrieden mit seiner Familie; nur seine älteste Tochter, bereits 
zur blühenden Jungfrau herangewachsen, machte ihm manche Sorge. 
  
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