Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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sie in den unterirdischen Räumen des Berges Tag und Nacht. 
Wenn man sich in der Nacht dem Berge nähert, so bemerkt man über 
gewissen Stellen blaue Flämmchen, die aber bald wieder verschwinden. 
Einstmals hüteten zwei Knaben Vieh auf dem Berge und, ohne 
sich um dasselbe viel zu kümmern, setzten sie sich nieder und spielten, 
nachdem sie sich vorher der Stiefeln entledigt hatten. Bald aber kamen 
sie miteinander in Streit. Der eine Knabe nahm jetzt den Stiefel 
von seinem Kameraden und warf ihn aus Bosheit in den Schloß— 
brunnen. Was war jetzt zu thun? Den Stiefel wollte und mußte der 
Beschädigte haben. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als in den 
Brunnen zu steigen und den Stiefel zu holen. Gedacht, gethan. Er 
hatte aber noch nicht den Wasserspiegel erreicht, als er zu seiner Rech— 
ten einen Gang gewahrte, in dessen Wölbung ein alter, stämmiger, 
weißbärtiger Mann stand; der Knabe erschrak, faßte sich aber sogleich 
und klagte dem Greise seine Not. Dieser gab dem Knaben den Stiefel 
aus Mitleid zurück; der Knabe dankte, kletterte zurück und kam glück- 
lich wieder oben an. Aber welches Entsetzen! der Stiefel war schwer 
wie Blei! Er sah hinein und bemerkte einen großen Goldklumpen. 
Sobald der andere Knabe dieses sah, erwachte in ihm der Neid und 
die Habgier, und um sich ebenfalls einen solchen Schatz zu holen, stieg 
er auch in den Brunnen hinab, kam aber nie mehr zum Vorschein. 
Ein armer Mann, dessen Weib schwer krank darnieder lag und 
der überdies noch drei unmündige Kinder zu versorgen hatte, beschäf- 
tigte sich, um nur das tägliche Brot zu verdienen, mit dem 
Sammeln von Hadern und Papierabfällen, um sie dann zu verkaufen. 
Einmal, am Karfreitage, ging er an sein armseliges Tagewerk, hatte 
aber zu seinem großen Leide nichts von seinen gesammelten Effekten 
verkauft. Betrübt darüber, mit Thränen in den Augen, kam er an 
dem Purberge vorüber und dachte darüber nach, wovon er mit seinem 
Weibe und seinen hungrigen Kindern heute und morgen leben werde. Wie 
er so in Gedanken weiter geht, sieht er plötzlich einen alten Mann, der 
ihn fragt, worüber er so betrübt sei. Der Hadersammler erzählte ihm ganz 
aufrichtig seinen Kummer und sprach ihn zuletzt um ein Almosen an. 
Der alte Mann aber antwortete: „Geld habe ich zwar keines, aber 
gehe nur nach Hause, dort wird Dir schon geholfen werden.“ Der arme 
Mann glaubte seinen Worten, und zu Hause angelangt, schüttete er 
seinen Korb mit dem Papier und den Hadern aus und entdeckte zu 
seinem größten Erstaunen am Boden des Korbes einen großen Gold- 
klumpen. Von nun an war er ein wohlhabender Mann. 
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