die Kapelle verschwunden. Sie zog nun nach Böhmen, kaufte hier
eine Grafschaft, gründete ein Kloster und that von ihren Schätzen
den Armen viel Gutes.
301. Die Schätze von Oberlauterstein bei Zöblitz.
(Wg. im „Glückauf“, 2. Jahrg., No. 5.)
Ein Holzhauer aus Zöblitz arbeitete vor vielleicht 300 Jahren in
der Nähe des Oberlauterstein. Es war Abend geworden, und eben
wollte er nach Hause gehen. Da trat aus einer verfallenen Burgmauer
ein Mann in alter Rittergestalt hervor. Hinter ihm öffnete sich eine
große Höhle, in dieser brannte ein helles Feuer, und deutlich sah der
bestürzte Waldarbeiter eine Braupfanne voll rotglühendes Gold. Der
alte Ritter winkte ihm freundlich und reichte dem Holzhauer einen
ordinären Ziegelstein hin. Schüchtern griff der Mann darnach. So—
gleich geschah ein Donnerschlag; die ganze Erscheinung war im Nu ver—
schwunden, und der Arbeiter stand im Finstern, den Ziegelstein in der
Hand haltend. Er ging nach Hause; aber da ihm der Ziegelstein zu
schwer wurde und er sich nicht mit dem unnützen Gute herumtragen und
zu Hause auslachen lassen wollte, so warf er ihn ins Gebüsch. „Nun,
Mann, wie siehst Du nur aus?“ fragte ihn zu Hause mürrisch und
spottend die Frau; „Du glänzt ja, als wenn Du vergoldet wärst am
Ärmel.“ Der Mann sah nach und erblickte den reinsten Goldstaub an
den Händen und seinen Kleidern. Nun erzählte er seine Geschichte am
Schloßfelsen. Am andern Morgen suchte er bei guter Zeit nach dem
weggeworfenen Steine mit Weib und Kindern. Allein umsonst; den
edlen Stein hat niemand wieder gesehen.
Am Shylvestertage nachts 12 Uhr, wenn die Glocken zu Zöblitz
das neue Jahr verkünden, erhebt sich mit dem ersten Glockenschlage
der hohe Fels des Oberlautersteins und ein Zuschauer kann vom Thale
aus die Braupfanne voll Gold betrachten und mittels eines wackern
Geisterbanners heben. Mit dem letzten Glockenschlage verschließt sich
die Höhle wieder und die Braupfanne sinkt in die Tiefe.
Die Sage von Ziegelsteinen, welche sich in Gold verwandeln, lebt auch im
Fichtelgebirge. Ist sie von dort her in unser Gebirge verpflanzt worden? In Ge-
stalt von Ziegelsteinen erscheinen nämlich die Schätze des Waldsteins. Wer den
Fund als unscheinbar oder lästig von sich schleudert, erkennt an den goldglänzenden
Spuren, die Kleid und Hand zeigen, mit Reue, daß er sein Glück weggeworfen.
(L. Zapf, der Sagenkreis des Fichtelgebirgs, S. 20.)
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