alle tausend Jahre einmal zum Vorschein kommen soll, auf dem -i
berge gefunden, in dessen Innerem auch der Schatz noch heute ver-
borgen liegt. Der Hirtenjunge aber, der ein reicher Mann wurde,
wäre zweifellos noch reicher und glücklicher geworden, wenn er nicht
das Beste vergessen hätte.
Bereits in der Einleitung ist darauf hingewiesen worden, wie unter dem
Hirten Donar und unter der den Zugang zu den goldenen Schätzen im Innern des
Berges öffnenden Blume der Blitz zu verstehen sei. Die Wolke wird als Berg ge-
dacht; aus ihr leuchtet nach dem Gewitter wieder die Sonne goldig hervor. Die
Sonne ist der Schatz. Die Schafe oder Kühe, welche der Hirt hütet, sind ebenfalls
Wolken; Donar ist der Wolkenhüter. Die den Schatz hütende weiße Jungfrau ist
eine von den Wolkenfrauen, welche der Erde himmlische Milch, d. h. den Regen
spendeten, aber auch in Bergen wohnten, da man sich, wie bereits bemerkt wurde,
den Berg als Wolke dachte. (Mannhardt a. a. O. S. 204; Grohmann, Sagen aus
Böhmen, I., S. 87.) — Der gleiche Sagenstoff, allerdings mit mancherlei Modi-
fikationen, aber immer als Darstellung von einem Hirten, welcher eine Blume fin-
det, die der Schlüssel zu einem großen Schatze ist und mit dem Zurufe: „Vergiß
das Beste nicht!“, als die Blume vergessen wurde, tritt uns in Überlieferungen aus
dem Fichtelgebirge (Zapf a. a. O., S. 19 und 25), sowie besonders zahlreich im
Thüringerwalde (Witzschel, Sagen aus Thüringen, No. 125, 138, 173, 180, 276,
Gräßler, Sagen aus Mansfeld, No. 20 und 211) und an noch vielen anderen Orten
entgegen. Auch die Lausitz, sowie das Vogtland und der Harz besitzen Sagen von
Wunderblumen, durch welche man verborgener Schätze teilhaftig werden kann; sie
unterscheiden sich jedoch insofern von den vorigen, als hier nicht der warnende Zu-
ruf ertönt, das Beste nicht zu vergessen.
Sagen von Schlössern, welche in die Erde versanken, weil ihre Insassen
Raub und Mord und andere Greuelthaten verübten, erzählt der Volksmund auch in
anderen Gegenden. So bezeichnet das sogenannte Silberloch bei Seesen im Harze
die Stelle, wo gleiches geschah. Auch hier läßt sich zuweilen eine weißgekleidete
Jungfrau mit einem Schlüsselbunde, welche die Sage als die mildthätige Tochter
des Burgherrn bezeichnet, sehen, um, wie sie es im Leben gethan, auch ferner den
Unglücklichen und Notleidenden beizustehen. (H. Heine, Sagen aus dem Harze, S. 10.)
345. Die Wunderblume des Grauensteins.
(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 70.)
Einmal weidete ein vierzehnjähriger Knabe am Fuße des Grauen-
steins bei Joachimsthal seine Herde. Da dieselbe ruhig graste, ließ
er sich ins Gras nieder, vertiefte sich in den Inhalt eines Buches und
gewahrte zu spät, daß sich das Vieh auf die Gebirge verstiegen hatte.
So mußte er denn mit bangem Herzen von einem Berge zum andern
steigen, bis er endlich die vollzählige Herde fand, die er auf die Wiese
zurücktrieb. Aber ermüdet vom langen Suchen, versank der junge
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