D vor dem herabströmenden Regen und dem wütenden rne
hinter einem dichten Eichengestrüppe notdürftigen Schutz und verfiel
bald, von der Müdigkeit übermannt, trotz Sturm und Wetter in einen
festen Schlaf. Plötzlich, es schlug gerade 12 Uhr auf dem Komotauer
Turme, fuhr, wenige Schritte von ihm entfernt, ein greller Blitz in die
Erde und erleuchtete Gras, Gestrüpp und Bäume tageshell. Der grelle
Lichtschein und der damit verbundene Donnerschlag erweckten ihn ge-
waltsam und er fuhr entsetzt in die Höhe. Da sah er, betäubt und
staunend, wie der Blitzstrahl einige Sekunden auf einer Stelle wie
festgebannt haften blieb, dann sich aber teilte, indem ein Teil des
Strahles in die Höhe ging, der andere jedoch in der Erde verschwand.
Lazarus war voll Schreck und Staunen einige Zeit sitzen geblieben.
Endlich, nachdem er sich von seiner Betäubung erholt hatte, sprang
er auf und setzte, da auch das Unwetter bereits weiter gezogen war,
den Rückweg fort, im Herzen Gott dankend, daß ihn der Bilitzstrahl
nicht getroffen, und erreichte glücklich seine Hütte.
Nach acht Tagen wanderte Lazarus abermals Geschäfte halber
nach Rothenhaus. Auch diesmal schlug er den Rückweg bei vorgerückter
Nacht ein. Seinen Weg beleuchtete jedoch der freundliche Mond und
wohlgemut trat er in den Schatten des Eichenwäldchens, wo er vor
wenigen Tagen dem Tode, wie er glaubte, nur durch ein Wunder ent-
ronnen war. Wie er so sinnend auf dem weichen Rasen dahinschritt,
stand plötzlich ein Mädchen in hellstrahlender Schönheit vor ihm.
Der Mond beschien durch die Zweige der Eichen ihre freundlich
lieblichen Züge, und von ihrem weißen Gewande schien selbst ein heller
Schimmer auszugehen. Sie grüßte ihn und reichte ihm ihre Hand.
Er fragte verwundert: „Woher kommst Du und was willst Du?“ „„Ich
komme weither aus schönen Landen und gehe dorthin, wo mich meine
innere Stimme ruft. Ich fliehe die Nähe böser Menschen, aber gute
suche ich auf und beglücke sie. Du hast ein gutes Herz, ich will Dich
daher glücklich machen, komm' und folge mir.“ Die holde Erscheinung
schritt voran, so leicht, daß sie kaum den Boden zu berühren schien,
freudig und beklommen zugleich folgte ihr Drohmann. Nach einigen
hundert Schritten machte sie halt und zwar merkwürdigerweise auf der-
selben Stelle, wo er sich vor acht Tagen vor dem Ungewitter verborgen
hatte. Kein Laut, kein Ton war zu vernehmen, selbst das Heimchen
schlief, überall herrschte die Stille des Grabes. Da ertönten von der
Stadt her die ernsten, tiefen Töne der Mitternachtsstunde und wie
auf einen Zauberschlag begann es sich überall im Wäldchen auf dem
Grase, zwischen den mächtigen Baumstämmen und dem niedrigen Ge-
büsche zu regen und zu bewegen; kleine Männlein mit Schurzleder und
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