Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
· 415. Die Oswaldskirche bei Grünhain. 
(Nach Ziehnerts poet. Bearb. bei Gräße, Sagenschatz ꝛc. No. 531.) 
Nicht weit von Waschleithe bei Grünhain, im Thale des Oswald- 
baches, stehen die Trümmer einer Kirche, die Oswaldskirche genannt, 
welche 1514 der Grünhainer Abt Georg Küttner gegründet hat, die 
aber, weil die Reformation dort aufkam, nicht vollendet wurde und so 
liegen geblieben sein soll. Anders erzählt sich das Volk, welches auch 
die Kirche mit dem Grünhainer Kloster unterirdisch verbunden sein 
läßt, die Ursache. Es soll nämlich um jene Zeit ein reicher Hammer- 
herr, mit Namen Caspar Klinger, gelebt haben, den aber sein Reich- 
tum so übermütig gemacht hatte, daß er keinem Gruße, selbst von 
seiten solcher Personen, die mit ihm auf gleicher Stufe standen, zu 
danken sich herabließ. Dem begegnete einst ein ebenso reicher Berg- 
herr von Elterlein, namens Wolf Götterer, und rief ihm ein freund- 
liches Glückauf zu; allein Klinger hielt es abermals unter seiner 
Würde, dem Grüßenden zu danken, und so geschah es, daß letzterer 
ihm darüber einige harte, beleidigende Worte sagte. So stolz nun 
der Hammerherr auch war, so rachsüchtig war er und er beschloß auf 
der Stelle, seinen Beleidiger für seine freimütige Rede büßen zu lassen. 
Er teilte seinem Bruder seinen Plan mit, und nachdem sie eines 
Tages ausgekundschaftet, daß der Bergherr allein zu Hause sein werde, 
weil alle seine Dienerschaft zu einer Belustigung sich entfernt hätte, 
gelang es ihnen, sich in die Wohnung desselben einzuschleichen, wo sie 
den Unglücklichen mit Beilhieben ermordeten. Weit entfernt, ihr 
Verbrechen, dessen sie sich freuten, zu leugnen, stellten sie sich selbst 
dem Gerichte, welches sie zwar zum Schein zum Tode verurteilte, 
allein auch kein Bedenken trug, die Todesstrafe in eine Geldbuße zu 
verwandeln. Letztere sollte darin bestehen, daß der reiche Hammerherr 
zur Sühne jenes Mordes eine Kirche zur Ehre des h. Oswald zu 
erbauen und auch die Armen der Stadt reichlich zu bedenken habe. 
Klinger ließ nun Arbeitsleute, so viele ihrer nur kommen woll- 
ten, für seinen Bau anwerben, Bauholz in seinen Wäldern schlagen 
und Steine in seinen Steinbrüchen brechen, zahlte mit vollen Händen 
und es verging kein Jahr, da stand die Kirche fertig da. Nun ließ 
er es auch nicht an reicher Ausschmückung des Inneren fehlen, Kanzel 
und Altar waren von geschicktesten Künstlern gearbeitet und mit der 
größten Pracht geziert, eine herrliche Glocke hing auf dem Turme 
und alles war zur Einweihung der Kirche in Bereitschaft. Siehe, da 
zog an demselben Morgen, wo die Geistlichkeit sich anschickte, das 
neuerbaute Gotteshaus zu weihen, ein furchtbares Gewitter über das 
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