Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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Dorfe kamen helfend herbei und von dieser Liebe, welche Böses mit 
Gutem vergalt, wurden die Heiden erwärmt und ebenfalls für das 
Christentum gewonnen. Auch sie wurden an dem Taufsteine in den 
Christenbund aufgenommen. Aus den beiden sorbischen Ansiedelungen 
erwuchsen aber die Dörfer Ober= und Niederkrinitz. 
  
Obschon unsere Sagen bestimmt von einem Taussteine sprechen und die 
in ihm vorhandene größere Vertiefung als Taufbecken bezeichnen, so glaube ich doch, 
daß der Krinitzer Granitblock ein alter Opferstein ist und habe ich deshalb die sich mit 
ihm verknüpfenden Sagen dem ersten Abschnitte des Sagenbuchs angereiht. Bestimmend 
ist für mich seine offenbare Ahnlichkeit mit Blöcken im Fichtelgebirge, in Schlesien und 
andern Landesteilen, welche von den meisten Archäologen für Opfersteine angesehen, aber 
von dem Volke nicht immer als solche, sondern auch als Richter= und Teufelssitze, 
Teufels= und Hexenschüsseln u. s. w. bezeichnet werden. In den Schüsseln sammelten 
die Priester das Blut der geschlachteten Tiere und zum Opfer bestimmten Kriegsge- 
sangenen, um dann vielleicht ihre Hände hinein zu tauchen und das umstehende Velk 
damit zu besprengen. Obschon Dr. H. Gruner (Opfersteine Deutschlands, Leipzig, 
1881) die schüssel= und muldenartigen Vertiefungen als durch Einwirkung von 
Frost und Atmosphärilien, Gletscherthätigkeit oder Wasserstrahlen entstanden erklärt, 
würde doch ihre spätere Benutzung zu Opferzwecken damit nicht ausgeschlossen sein; 
schreibt doch Dr. Gruner (S. 7) selbst: „Daß viele Steine zu solchem Zwecke ge- 
dient haben, soll nicht bestritten werden.“ Unsere zweite Sage vom Krinitzer Tauf- 
steine faßt übrigens die Hauptvertiefung ebenfalls als ein Naturbecken auf. 
Ganz unwahrscheinlich klingt in der zuerst mitgeteilten Sage die Deutung 
der übrigen Vertiefungen als Sitze für den Täufling und die Taufpaten. Die Täuf- 
linge stiegen in der ersten christlichen Zeit wohl durchgängig ins Wasser und wurden 
untergetaucht, später, vom 8. Jahrhundert an, trat das Begießen und Besprengen an 
die Stelle des Untertauchens, obschon sich in der lateinischen Kirche das letztere teil- 
weise noch bis ins 13. Jahrhundert erhalten hat. (Hauff, Bibl. Real= und Verbal- 
Concordanz, II. S. 748.) Es wäre dabei allerdings immer möglich, daß man am 
Krinitzer Taufsteine aus dem mittelsten Becken das Wasser geschöpft und damit den 
Täufling besprengt habe. Daraus aber, daß eine der Vertiefungen als Sitz für den 
Täufling bezeichnet wird, ergiebt sich, daß der Taufstein bei Erwachsenen benutzt 
wurde. Wogzu dienten dann aber die andern Sitze, da ja wohl bei der Taufe von Er- 
wachsenen keine Paten nötig waren? Es kann nämlich angenommen werden, daß 
die Wahl von Paten zugleich mit der Kindertaufe gegen Ende des zweiten Jahrhunderts 
in der christlichen Kirche Gebrauch wurde. 
Mir erscheint es darum wahrscheinlicher, in unserm Taufsteine einen heidni- 
schen, entweder germanischen oder flavischen Opferstein zu erblicken, und zwar auch 
in Berücksichtigung der Sage von dem dämonischen „Uhamel,“ welcher ihn gegen 
Steinmetzen schützen soll. Von spukhaften Gestalten, welche alte Opfersteine schützen, 
erzählen auch andere Sagen. So befindet sich bei Mukwar auf einem Hügel ein 
Stein, von dem man sagt, daß auf demselben einst geopfert worden ist. Als den- 
selben einst ein Arbeiter zerschlagen wollte, sah er auf ihm eine Gestalt in langem, 
weißem Gewande sitzen. Vor Schrecken lief er davon und seit der Zeit hat niemand 
mehr Hand an den Stein zu legen gewagt. (Veckenstedt, Wendische Sagen und 
Märchen. Graz, 1880, S. 431.) 
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