schön ung zierlich gestaltet und stand in einer besondern Kapelle. Die
Leute kamen von allen Orten heftig gelaufen, als wenn sie bezaubert
wären, und was ein jedes von Männern und Weibern von seiner Ar-
beit in der Hand gehabt, wenn ihn die Tollheit angestoßen, das hat er
mit sich genommen und allda gelassen; wie auch viel krumme, lahme
und andere preßhafte Menschen, die sich zu diesem Bilde verlobet, ge-
sund geworden und ohne Mangel wieder davon gegangen sein sollen.
Diese Wallfahrt hat lange Zeit gewährt, bis man erfahren, daß
unter dem Schein des Heiligtums ein böses sodomitisches Leben und
viel Schande und Laster getrieben wurde, worauf durch einen fürst
lichen Befehl dem Gelaufe und den Zusammenkünften gesteuert wurde
und solche mit Ernst abgeschafft worden sind.
440. Das wunderthätige Marienbild in Ebersdorf.
(Staberoh, Chronik der Stadt Oderan, 1847, S. 87. Gräße, Sagen-
schatz d. K. Sachsen, Nr. 559. Kirchengalerie, 8. B., S. 117.)
Vom Jahre 1439 bis 1443 ward das Meißnerland von einen
besondern Pest heimgesucht. Die davon betroffenen Menschen waren
nicht mit Schmerzen geplagt; von Schlafsucht befallen, war der Pest-
kranke in wenigen Tagen tot. Früher wanderte man vor dem Pest-
engel aus, diesmal half man sich mit Gelöbnissen. Das wunderthätige
Marienbild in Ebersdorf bei Frankenberg ward von Tausenden besucht,
und diese wurden dann mit irgend einem Trostspruche oder der Ver-
hängung einer Buße entlassen. Für die Oderaner lautete die Sühne
und Strafe folgendermaßen:
„Das Haus der lieben Frawen
Mit Klang druf ufzubawen!“
Das hieß nun: die Kirche zu Oderan samt deren Glocken herzu-
stellen. Die Oderaner haben dann auch Glocken auf den Turm besorgt;
inwieweit sie sonst noch dem Verlangen des Marienbildes nachgekommen
sind, wird uns vom Chronisten verschwiegen.
Außer manchen andern Reliquien, wie einem hölzernen Christus-
bilde, das zu manchen Zeiten Thränen vergossen haben soll, zeigt man
in der Kirche zu Ebersdorf noch heute eine Krücke, welche ein durch die
Berührung des Marienbildes geheilter Lahmer getragen habe. Diese
Krücke ist mit der Jahreszahl 1333 gezeichnet, und man liest an ihr
die eingeschnittenen Worte:
„Kruck, Du bist ein schön Kruck,
Kruck, Du bist mein Ungluck,
* Zu meinem Ungluck hab ich ein schön Kruck.“
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