464. Das Meteoreisen in Elbogen.
(I. Erzgebirgs-Zeitung, 1. Jahrg., S. 168. II. Die Natur von Müller,
1878, Nr. 45.)
I. Es war seinerzeit in Elbogen ein Burggraf von Wülfenfels
unter der Oberherrschaft der Rohenburger als berüchtigter, mordlustiger
und raubgieriger Burgherr und wegen seiner grausamen Handlungen
gefürchtet und bekannt. Seine Leibeigenen pflegte er oft ohne beson-
deren Anlaß in den Sprudel-Teufelsweiher zu werfen, um sie zu ver-
steinern. Als er sogar seine eigene Tochter im Burghofe anketten ließ
und im Begriff war, den Todespfeil auf sie zu schleudern, da grollte
plötzlich der Himmel, ein Donnerschlag ertönte und ein Blitz lähmte
seinen Arm. Das Kind war gerettet, denn soeben hielt der edle Roh-
burger seinen Einzug in Elbogen. Da ihm Mitteilung von den
Schandthaten des Burgherrn gemacht wurde, befahl er, denselben sofort
festzunehmen und zu züchtigen. Wülfenfels, der dies hörte, verschwand.
Das letztemal sah man ihn mit drohenden Gebärden, seine Armbrust
gegen den Himmel haltend, auf dem Schloßbalkon stehen und hörte
ihn lästern über den Donner und Blitz, die Schuld trugen, daß sein
Kind noch lebte. Vergeblich suchte man nach ihm; doch bald sollte sich
das Ganze aufklären; am Balkon fand man einen großen, zur Eisen-
schlacke zusammengeschmolzenen Stein, mit den Resten einer halbver-
brannten Armbrust auf einem Klumpen liegen. Der Markgraf ließ
diesen Stein im Schloße aufbewahren; die Franzosen aber warfen ihn
bei ihren Kriegszügen im Jahre 1776 in den tiefen Schloßbrunnen,
aus dem er später wieder herausgehoben wurde, um auf das Rathaus
gebracht zu werden. Dieser Stein, von den Naturforschern als Meteor
bezeichnet, war ursprünglich 192 Pfund schwer; ein Teil davon kam
in das Naturalienkabinet nach Wien, ein Teil in jenes nach Prag,
und der Rest im Gewichte von 43 Pfund wird auf dem Rathause zu
Elbogen vorgezeigt.
II. Auf dem Schlosse zu Elbogen lebte vor Jahrhunderten ein
böser Burggraf, welcher seine Unterthanen hart drückte. Einst läutete
derselbe während eines Gewitters eigenhändig auf dem Turme die
Glocke, um damit seine Leute zum Frohndienste zusammenzurufen. Da
schlug plötzlich der Blitz ein und schmolz den Grafen und die Glocke
in einen Guß zusammen. Das ist nun jener Eisenklumpen, von wel-
chem man noch heute in der Stadt einen Teil zeigt. Man hat die
Masse schon oft in einen Brunnen versenkt, aber immer ist dieselbe
von selbst. wieder herausgekommen. Sie soll bald zentnerschwer, bald
ganz leicht sein, letzteres aber nur für Menschen, welche noch nicht ge-
sündigt haben.
□ –
392