669. Das Hahnenkreuz bei Görkau.
(Fr. Bernau, Comotovia, 1877, S. 77.)
An der Straße von Udwitz nach Görkau findet man linker Hand
ein von Lindenbäumchen beschattetes Kreuz, das sogenannte Hahnen—
kreuz, worauf ein von vergoldetem Blech gefertigter Hahn befestigt ist.
An diesen knüpft sich folgende Sage:
Zur Zeit der Hussitenkriege zogen die Scharen des gefürchteten
Ziska, nachdem sie die Stadt Komotau in Asche gelegt, auf die Stadt
Görkau und das Schloß Rothenhaus los, um unter den dortigen
katholischen Bewohnern ebenfalls mit Blut und Mord aufzuräumen.
Es war am Schutzengelfeste, als sie durch einen äußerst dichten Nebel
auf ihrem Zuge dahin aufgehalten wurden und sich erst dann wieder
in Bewegung setzten, als sie ein aus der Ferne her schallendes Hahnen-
geschrei vernahmen, welches, wie sie glaubten, von Görkau herüber
tönte. Sie verfolgten die Richtung des Krähens und verfehlten
glücklich die Stadt, indem sie weiter östlich gelangten und schließlich
nicht mehr zurückkehrten. Zur Erinnerung an diese wunderbare Er-
rettung aus drohender Gefahr ließen die Bewohner von Görkau das
erwähnte Kreuz anfertigen und auf dem Friedhofe aufstellen, von wo#
es im Jahre 1854 auf den jetzigen Platz unter großen Feierlichkeiten
übertragen wurde. Die kleinen daselbst stehenden Linden wurden da-
mals von der Görkauer Schuljugend gepflanzt.
670. Beim roten Kreuz in Schmiedeberg.
(Heger und Lienert, Ortskunde von Schmiedeberg, S. 63.)
Am südwestlichen Ende von Schmiedeberg, unweit des jetzigen
Wirtshauses „Zum letzten Pfennig“, stand in alter Zeit eine Schenke,
in welcher es oft sehr lustig herging. So auch einst an einem Sonn-
tage, als ein schweres Gewitter heraufzog. Der immer näher er-
schallende Donner, wie der ganz verdunkelte Himmel mahnten zur Ein-
stellung der Lustbarkeiten. Man achtete jedoch nicht auf diese drohen-
den Zeichen; die Ausbrüche wilder Lust verdoppelten sich vielmehr, die
Musik begann ein munteres Tanzstück zu spielen und unter Lärmen
und Johlen drehten sich die Paare im Kreise. Diesem frevelhaften
Triben konnte die Strafe des Himmels nicht ausbleiben. Das Un-
wekter hatte seine ganze Macht entfesselt, Blitze über Blitze durch-
zuckten grell das Halbdunkel und das betäubende Krachen des Donners
vermischte sich mit dem Brausen des wütenden Sturmes. Den tollen
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