695. Der Mohr im Schlosse zu Nossen.
(Gräße, Sagenschatz des K. Sachsen, No. 347.)
In einem der Zimmer des Schlosses zu Nossen befand sich sonst
ein Gemälde, auf dem ein Mohr vorgestellt war, der in einer Wanne
saß. Den scheuern zwei Bademägde mit Katzenzagel und Sandhadern
recht nachdrücklich, also daß ihnen der Angstschweiß über die Wangen
läuft, können aber doch kein weißes Fleckchen an seiner Haut entdecken,
wie die darunter stehenden Reime bezeugen:
Wir waschen ihn mit ganzem Fleiß,
Noch will der Mohr nicht werden weiß.
696. Die Tabakstanne zwischen Thalheim und Stollberg.
An der Straße, welche von Thalheim nach Stollberg führt, steht
auf der Höhe im Walde eine Restauration, „Tabakstanne“ genannt,
die ihren Namen von einer alten Tanne hat, in welche Handwerks-
burschen vor alter Zeit folgenden Reim schnitten:
„Sieh' hier, mein lieber Wandersmann,
Ist die Forst= und Tabakstann',
Setz' dich nieder, ruhe aus
Und rauch' dein Pfeischen Tabak aus.“
In der Neuzeit ist an die Stelle der alten wurmstichigen Tanne
ein junge gepflanzt worden, an der sich eine Tafel mit folgender In-
schrift befindet:
„Sieh' hier, mein lieber Wandersmann,
Verjüngt die alte Tabakstann#',
Bedenk' dabei die goldne Lehr'“:
Das Neue prüf', das Alte ehr“.
697. Die Eichen bei Calluberg.
(Nach Ziehnert bei Gräße a. a. O., No. 475.)
In Callnberg bei Lichtenstein, wo Kunz von Kauffungen die
Gartenleitern (lederne Leitern mit Holzsprossen) für den Prinzenraub
fertigte — der Ort gehörte seinem Vetter Dietrich — stehen noch heute
ohngefähr 200 Schritte vom Rittergute an der Straße von Walden-
burg nach Lichtenstein zwei sehr alte, jedoch nicht schön gewachsene
Eichen, von denen man sagt, daß sie zum Andenken an den Prinzen-
raub gepflanzt worden sind. Die Scheune, in welcher jene Leitern an-
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