rn der Bürger zu erproben, mit starker Heeresmacht nach ri
hielt auf dem Markte Lager mit seiner Ritterschaft und ließ durch
einen Herold ausrufen, „daß der Rat und die Bürgerschaft bei Ver-
lust Gutes und Lebens ihm allein huldigen, seinen Bruder verschwören
und wider denselben ihm zu Hülfe thun sollten.“ — Da gingen die
Herren des Rates zusammen und hielten voller Angsten einen Rat,
was zu beginnen sei und konnten nichts Erfreuliches ersinnen, denn
entweder sie mußten den Treuschwur am Herzog Wilhelm brechen,
oder die Stadt war der Zerstörung durch den Zorn des Kurfürsten
Friedrich gewärtig. Also waren sie in großen Nöten, wählten aber
dennoch das beste Teil. — Als der Herold zum dritten Male rief,
gingen sie barhäuptig, je zwei und zwei, vom Rathause auf den Markt,
jeder seinen Sterbekittel am Arme tragend, und traten vor den Kur-
fürsten, um den seine Ritter einen Kreis geschlossen hatten. Nikol
Weller von Molsdorf, der Bürgermeister, aber nahm das Wort und
sprach: „Wir und die ganze Stadt sind so bereitwillig als schuldig,
Euch, unserm gnädigsten Herrn, unterthänigst zu gehorsamen, und ist
uns gegenwärtige Trennung unserer beiden Fürsten ein herzliches Leid-
wesen; aber weil wir dem Herzog Wilhelm, Eurem Bruder, mit
gleichen Pflichten verhaftet und solcher von ihm noch nicht entlassen
sind, also auch mit gutem Gewissen keinem Teil Schaden zufügen
können, so bitten wir um Gotteswillen, Ihr wollet uns doch dabei
lassen und zu keinem Widrigen zwingen. Wenn es nicht gegen den
Bruder ginge, so wollten wir gern Leib, Ehre und Gut für Euch zu-
setzen; aber dafern Ihr, was Gott verhüte, in uns dringen wollt,
so gedenken wir lieber zu sterben, als uns in solche Seelengefahr zu
stürzen, und ich will gern der Erste sein und mir meinen alten, grauen
Kopf abhauen lassen!“ Durch diese Rede erweicht, warf der Kurfürst
sein Roß herum, ritt zu Wellern, klopfte ihm auf die Achsel und sagte
freundlich: „Nicht Kopf weg, Alter! nicht Kopf weg! wir bedürfen
solcher ehrlicher Leute noch länger, die ihr Eid und Pflicht also in
acht nehmen!“ — Hierauf lobte er die Treue der Stadt und ermahnte
die Ratsherren und Bürger, darinnen zu verharren und furchtlos zu
sein, denn er stehe gern ab von seinem harten Begehren.
759. Erfindung des Spitzenklöppelns.
(Aug. Diezmann im Album fürs Erzgebirge, Leipzig, 1847, S. 133.)
Ziemlich allgemein setzt man die Erfindung des Spitzenklöppelns
durch Barbara Uttman in das Jahr 1561, ohne einen haltbaren Grund
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