erkrankt. An einem rauhen Sonntage des Herbstes 1644 ging i.
Hanna nach Hause, um nach ihrer Mutter zu sehen. Die Stunden vergingen
schnell, und als es Mitternacht schlug, machte sie sich wieder auf den
Rückweg. Sie mußte dabei an der Kirche zu den vierzehn Nothelfern
vorüber. Da vernahmen ihre Ohren plötzlich schwere Tritte hinter sich,
und als sie sich umblickte, gewahrte sie zwei schwedische Soldaten,
welche ihr eilig folgten. Sie lief so schnell, als sie nur konnte, und
als sie an dem Kirchlein anlangte, waren die Verfolger dicht hinter
ihr. In ihrer Todesangst riß sie an der Thüre des Kirchleins und die-
selbe gab glücklich nach, da sie wunderbarer Weise nicht verschlossen war.
Schnell schlüpfte sie hinein und schlug mit kräftigem Stoße die Thüre
wieder ins Schloß zurück. Es war die höchste Zeit gewesen. Draußen
tobten die Soldaten und versuchten die Thüre zu sprengen, Hanna
aber sah sich vergeblich in der leeren Kirche um, um irgend ein Versteck zu
finden. Nur hinter dem Gemäuer, wo sonst der Altar gestanden hatte,
bemerkte sie ein geräumiges Loch, das sie zwar nicht völlig, aber doch
teilweise aufnehmen konnte. Emsig arbeitete sie, durch Auswerfen des
Schuttes das Versteck zu erweitern. Hierbei wurden ihre Gedanken
plötzlich auf einen ganz besonderen Gegenstand gerichtet, und sie vergaß
wenigstens auf Augenblicke die Gefahr, in der sie sich befand. Zwischen
ihren Fingern fühlte sie nämlich unerwartet ein Geldstück von der
Größe eines Dukatens; ob es wirklich ein solcher sei, konnte sie freilich
wegen der Finsternis, die sie umgab, nicht bestimmen, doch unterschied
sie mit den Fingern recht deutlich ein Gepräge. Mit Eifer suchte sie
nun weiter und fand dann nach und nach eine solche Menge, daß sie
das Gewicht derselben in ihrer Schürze fühlte. Waren es wirklich
Dukaten, so hatte ihr Gott geholfen und sie war ihres Kummers und
ihrer Sorgen enthoben. Draußen vor der Kirche war es unterdeß auch
still geworden, und nachdem Hanna noch lange gelauscht und annehmen
konnte, daß sich ihre Verfolger wieder entfernt hatten, versuchte sie die
Thüre zu öffnen. Mit der größten Anstrengung gelang ihr dies endlich
und sie trat hinaus. Die Soldaten waren nirgends mehr zu sehen, und
glücklich gelangte das Mädchen in das Haus ihres Dienstherrn, wo sie
sich erschöpft niederlegte. Am Morgen, so bald es dämmerte, sah sie
sich die Geldstücke an, und richtig, es waren lauter Dukaten, deren sie
zusammen 820 Stück zählte. Da sie dieselben alsobald dem aus seiner Kam-
mer tretenden Christian zeigte und ihm erzählte, wie sie zu diesem
Schatze gekommen sei, der ja mehr betrug, als 2000 Thaler, staunte
derselbe zunächst, dann aber brach er in laute Freudenrufe aus. Jetzt
war das Hindernis, welches ihrer Vereinigung entgegenstand, plötzlich
und auf so wunderbare Weise gehoben. In ihren besten Gewändern
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