Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
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ser verzehrte. Nun wohnte aber am Markte in dem Hause, welches 
jetzt das Museum heißt, ein Geschwisterpaar, Johann und Benigna 
Biener. Der Bruder krankte seit längerer Zeit am gräßlichsten Wahn— 
sinn, so daß er mit Ketten an die Wand gefesselt werden mußte. Als 
nun der Markt bereits in vollen Flammen stand, da suchte Benigna 
in Todesangst nach dem Schlüssel, um ihrem Bruder die Ketten ab— 
zunehmen und ihn fortzuführen, aber der Schlüssel war nicht zu finden; 
sie suchte die Ketten zu zerschlagen, aber das Eisen trotzte der schwa— 
chen Mädchenhand. Schon schlug die Lohe zu den Fenstern und der 
Thüre herein, die treue Benigna ließ nicht von ihrem Bruder. Die 
Decke brach nieder und unter dem nachstürzenden Schutt und Gebälke 
lagen die beiden Geschwister begraben. Am dritten Tage darauf zog 
man ihre verschrumpften und halbverbrannten Leichen unter den Trüm— 
mern hervor. Sie hielten sich noch fest umarmt, wie der schreckliche 
Tod sie übereilt hatte. War vielleicht dem Wahnsinnigen durch die 
Todesangst ein lichter Augenblick gekommen? 
Am 13. Mai wurden die beiden Leichen in der ebenfalls aus— 
gebrannten Annenkirche unter großem Zulauf beerdigt. Ihr gemein— 
sames Grab zeigt man noch jetzt. 
781. Das Blutopfer des Baumeisters der Kirche zu St. Jacob 
in Chemnitz. 
(Richter, Chron. v. Chemnitz I., 1767, S. 169.) 
Der Ort, wo die Kirche zu St. Jacob in Chemnitz stehet, soll 
ehedem sehr sumpfig und morastig gewesen sein, daher die Kirche auf 
der einen Seite, gleichwie auch der Turm, auf eingerammelten Pfäh- 
len steht. Der Baumeister, welcher zuerst diese Kirche erbaut, soll, 
nachdem er mit dem ganzen Bau fertig gewesen, sich von oben herab- 
gestürzt und also den Bau mit seinem Blute versiegelt haben. 
Auch wird erzählt, daß der Kaiser Otto I., unter welchem die 
anfängliche, viel kleinere Kirche erbaut wurde, den ersten Grundstein, 
nebst einer Münze mit dem Bildnisse St. Jacobs darunter, legte. Er 
schenkte auch der Kirche das Bildnis der heiligen Maria; dasselbe soll 
viel Zeichen und Wunder gethan haben, weshalb nicht weniger Zulauf 
von Wallfahrern dahin gewesen, als nach Aachen oder St. Compostell 
in Spanien. 
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