Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
sie geschlichen, daß sie ganz ungemein erschrickt und nicht weiß, was 
sie machen soll. Der Bär thut ihr aber nichts, sondern beriecht sie und 
tatschet sie mit seinen Tatzen ganz sauber an, gleich als wüßte er, was 
für einen Respekt er dem Frauenzimmer schuldig sei. Da nun der 
zottige Bär sich ganz höflich gegen sie aufführt und sie herzen zu wollen 
Anstalt macht, entschließt sich das Mädchen kurz und läuft unter das 
Vieh. Dieses drängt sich zusammen und geht auf den Bären los, bis 
das Mädchen schreit und ihre Eltern nebst andern Waldleuten zu Hülfe 
ruft. Da nimmt der Bär reißaus, das Sprichwort aber ist nachgehends 
beständig geblieben und von jedermann, um eine Verwunderung aus- 
zudrücken, gebraucht worden: Je, daß dich der Bär herze! 
  
1. Vom früheren Wohlleben in den Bergstädten. 
Es ist eine gemeine Rede, daß man sagt: Wenn einer vom Him- 
mel in ein gut Ort Landes fallen sollte, möchte er in die meißnischen 
Bergstädte sich wünschen. (Meltzer a. a. O. S. 866.) Eine Abänderung 
lautet: Wenn einer vom Himmel fiele, so könne er nicht besser, als 
auf Marienberg fallen. 
  
m. Redensarten Herzog Georgs. 
Herzog Georg pflegte von seinen Städten zu sagen: „Leipzig die 
beste, Chemnitz die feste, Freiberg die größte und Annaberg die liebste."“ 
(Richter, Chron. d. St. Chemnitz I. S. 18.) Ebenso rührt von dem- 
selben Fürsten der Ausspruch über drei Berge in der Nähe Schneebergs 
her: „Der Gleßberg ist ein tauber Berg, der Mühlberg ein verschworner 
Berg, sehet mir auf den Schickenberg!“ (Meltzer a. a. O. S. 922.) 
Außer dem angeführten Spruche von Freiberg lautet ein anderer: 
„Meißen wird ertrinken, Freiberg wird versinken, Dresden wird man 
zusammenkehren mit Besen.“ (Mitteilungen des Freiberger Altertums- 
vereins, 3. Heft, S. 281.) 
n. Weshalb man die Gottesgaber scherzweise „die Wölfe“ nennt? 
Die Einwohner von Gottesgab werden in der Umgegend nur „die 
Wölfe“ genannt, weil sie unter sich selbst diesen Titel als zärtliche An- 
rede gebrauchen. Sie sagen z. B. „Guten Tag, Wolf!“ Häufiger noch 
werden in der Anrede die Bezeichnungen „Wehrwolf“ oder „Wolfskind 
gebraucht. (Mündlich aus Wiesenthal.) 
Dr. E. Göpfert (Glückauf V. Nr. 8) führt auch das im Gebirge häufig ge- 
brauchte Kose= oder Scheltwort „Werchl“ auf das althochdeutsche warc, d. i. der 
Wolf, zurück. 
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