Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

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794. Wie es kam, daß die Böhmisch-Wiesenthaler Kirche auf 
ihrem jetzigen Platze erbaut wurde. 
(Nach einer Mitteilung des Pfarrers Friedlein in Oberwiesenthal.) 
Von jeher hatten das Städtchen Böhmisch-Wiesenthal und das 
Dorf Stolzenhan gemeinschaftlich eine Kirche, welche früher an der 
Stelle stand, wo sich jetzt der Gottesacker beider Orte befindet. Als 
die Kirche sehr baufällig geworden war, wollte man eine neue bauen, 
jedoch konnte man sich nicht darüber einigen, wohin dieselbe gebaut 
werden sollte. Die Stolzenhaner wollten sie nach Stolzenhan und die 
Wiesenthaler nach Wiesenthal haben. Endlich kam man überein, die 
Kirche auf dem Grund und Boden derjenigen Gemeinde zu erbauen, 
wohin der Turmknopf, dessen Niedersturz man baldigst erwarten konnte, 
fallen würde. Der Knopf fiel auch endlich, und zwar auf Stolzenhaner 
Gebiet. Ein Einwohner von Wiesenthal aber, welcher zufällig auf 
seinem Acker in der Nähe arbeitete, zog die Turmspitze mit dem 
Knopfe eiligst hinüber auf die Wiesenthaler Seite. Somit wurde die 
neue Kirche in Böhmisch-Wiesenthal und nicht in Stolzenhan gebaut. 
795. Von der Klugheit der Hauptmannsgrüner. 
(Köhler, Volksbrauch 2c. S. 627.) 
Die Hauptmannsgrüner wollten einmal eine Wiese nach einem 
andern Platze ziehen und schlugen einen Pfahl ein, daran befestigten 
sie ein Ortscheit und spannten Ochsen vor. Als nun der Wind die Schmie- 
len bewegte, hielten sie dafür, daß die Wiese fortrücke. Und als die 
Ochsen noch mehr angetrieben wurden, rissen die Stränge und die 
Ochsen liefen bis nach Stenn. In Stenn ist das Ortscheit liegen ge- 
blieben und es soll noch heut dort liegen. 
Ein andermal konnten die Hauptmannsgrüner das Zapfenloch 
eines Teiches, dessen Wasser abgelassen werden sollte, nicht auffinden. 
Da sagte der Richter: „Nun müssen wir'n aussaufen.“ Er legte sich 
zuerst hin und nach ihm die Bauern, und sie fingen an zu trinken. 
796. Wie die Ebelsbrunner den Mond fangen wollten. 
(Köhler, Volksbrauch 2c. S. 627.) 
Von den Ebelsbrunnern wird erzählt, daß sie einst den aufge- 
gangenen Mond dicht am Berge stehen sahen; da holten sie Stangen, 
um ihn herunter zu schlagen, und es entstand in Folge dessen das Spottlied: 
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