n Pflegeschwester; sie war ihm durch ihre Geburt ##
und daher war er hoffend, daß seine Eltern in eine Verbindung mit
ihr willigen würden, zurückgekehrt. Als er nun alles erfuhr, was sich
während seiner Abwesenheit zugetragen hatte, sank er in tiefe Ohnmacht.
Als er wieder erwachte, hatte stiller Wahnsinn seine Seele umnachtet;
er endete sein Leben in einem Kloster der Ritter vom Hospital zu
Prag. Otto von Greifen und seine Gemahlin erlagen bald dem Über-
maße ihres Grams. Die Greifenburg fiel als erledigtes Lehen an
Herzog Wratislav, wurde aber später, da die folgenden Besitzer zum
Räuberhandwerk griffen, auf Befehl Wipprechts von Greitzsch zerstört.
Sie ist nie wieder aufgebaut worden.
Historisch ist, daß auf dem Greifensteine eine Burg „Gryfenstein“ gestanden
hat; sie wird als ein markgräflich meißnisches Lehen der Dynasten von Waldenburg
urkundlich im Jahre 1372 angeführt. (Herzog, Archiv für sächs. Gesch. II. S. 76.)
55. Die verwünschte Jungfrau auf dem Ziegenschachter Wege.
(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 101.)
In der zur Gemeinde Breitenbach gehörigen Ortschaft Ziegenschacht
lebte vor langer Zeit eine Jungfrau, welche ihres Geizes und ihrer
Ungerechtigkeit wegen gefürchtet war. Seit ihrer Verlobung kannte
ihre Habsucht keine Grenzen. Um ihr Heiratsgut, woran ohnedies
schon die Thränen der Armut hingen, zu vergrößern, bediente sie sich
sogar beim Verkaufe der Milch eines so schlechten Maßes, daß sich
darüber allgemeine Klagen erhoben. Als die hartherzige Jungfrau
dieselben jedoch nicht berücksichtigte, wurde sie von einer Milchkäuferin
verwünscht. Von dieser Stunde an wandelt die Jungfrau auf dem
Ziegenschachter Wege noch bis heute herum. In der Hand trägt sie
ein Milchseidel und auf dem Kopfe einen grünen Kranz. Doch sehen
die verwünschte Jungfrau, die bloß zu gewissen Zeiten erscheint, nur
wenige Menschen.
Auf die mögliche Verwandtschaft der Ziegenschachter Jungfrau mit der Huldra
wurde bereits in der Einleitung hingewiesen. Eine thüringische Sage ist übrigens
der unfrigen sehr ähnlich. Eine Krämerin, welche ihre Käufer durch falsches Ge-
wicht und Maß betrog, wandelt ebenfalls als Gefpenst in der Nähe von Mehlis
bei dem Reißigersteine umher und ruft dabei: „Drei Viertel für ein Pfund! Drei
Quärtchen für eine Kanne !“ (O. Richter, Deutscher Sagenschatz, 3. H. No. 10.)
Daß aber gerade der Betrug beim Milchverkauf mit dem gespenstischen Umherwan-
deln der Betrüger bestraft wird, ist eine in der Volkssage erhaltene Erinnerung an
den hohen, alle Übrigen Besitztümer überragenden Wert der Milch und Milch ge-
benden Tiere aus dem frühesten Zeitalter der indoeuropäischen Völker.
— 7#
48