Full text: Sagenbuch des Erzgebirges.

  
73. Der gespenstische Freier auf Hartenstein. E— 
(Gräße, Sagenschatz des K. Sachsen, No. 5ö14.) 77, 
Auf dem Schlosse Hartenstein, dem Stammschlosse der Schön- 
burge, fand sich einst jeden Tag ein Schattenritter ein. Man nannte 
ihn Vollmer den Geisterkönig. Er hatte, man weiß nicht wie, die 
Liebe der schönen Kunigunde von Schönburg, als sie noch Kind war, 
gewonnen, und dieselbe hatte erklärt, ihn und keinen anderen wolle sie 
ehelichen. So ritt er denn jeden Tag auf unsichtbarem Rosse in's Burg- 
thor ein, zog ersteres, ohne daß jemand es sah, — nur hören konnte man 
seinen Tritt, — in den Stall und stieg dann selbst unsichtbar, und nur am 
Schall seines Trittes kenntlich, die Schloßtreppe hinan. Dort kam 
ihm seine Braut entgegen, der reichte er seine Hand, — das war der 
einzige fühlbare Teil seines Körpers, weich und glatt aber eiskalt — 
und nun sprachen und koseten sie zusammen wie zwei Liebende es thun. 
Dann schritten sie in den Speisesaal, wo ihrer schon der Bruder des 
Fräuleins harrte, und alle drei setzten sich zu Tische und aßen und tranken 
nach Herzenslust; die dem Schattenritter vorgelegten Speisen und der 
Wein in seinem Becher verschwanden, und doch sah niemand, wo es 
hinkam. Man hörte nur des Schattenbräutigams Stimme, und der 
Graf, dem früher vor seinem geisterhaften Schwager gegraut, faßte 
immer mehr Neigung zu ihm, denn er hatte an ihm einen steten treuen 
Berater und Warner bei bevorstehendem Unglück. Wenn das Mahl 
vorüber war, verließ der Graf die beiden Brautleute, und so saßen 
sie bis kurz vor ein Uhr; dann nahm der gespenstische Gast eilig Ab- 
schied, so trieb er es viele Jahre; da äußerte einmal das Fräulein, 
wie sie sich nach einem Kusse von seinem Munde sehne, und siehe, ihr 
geisterhafter Bräutigam antwortete: „Lebe wohl auf ewig; weil ich an 
Deine rein geistige Liebe glaubte, verließ ich mein himmlisches Reich, 
um bei Dir zu sein; jetzt wo Du an irdische Liebe denkst, ist mein 
Bleiben nicht mehr hier, Du siehst mich nie wieder!“ Damit ver- 
schwand er und nie hat das Fräulein wieder seine Nähe empfunden. 
  
74. Der gespenstische Mönch bei Grünhain. 
(Christ. Lehmann, Histor. Schauplatz 2c., S. 75.) 
Fünfzig Jahre nach der Verwüstung des Grünhainer Klosters 
hat sich am Elterleiner Wege, wo, wie die Schlackenhaufen ausweisen, 
des Abts Hammer gestanden, ein Gespenst in Mönchsgestalt sehen 
lassen, welches die Vorübergehenden, sonderlich Trunkene und Jauch- 
zende, übel bezahlte, und einst einen Bergmann von Elterlein, der das 
  
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