20 Neunzehntes Kapitel: Schleswig-Holstein.
stärker als das Interesse für die deutsche Flotte, und es schien
mir, daß die Fortschrittspartei damals die neuerworbenen Rechte
Preußens auf Kiel und die damit begründete Aussicht auf unfre
maritime Zukunft lieber in den Händen des Auctionators Han-
nibal Fischer als in denen des Ministeriums Bismarck gesehn
hätte?:). Das Recht zu Klagen und Vorwürfen über die Ver-
nichtung deutscher Hoffnungen durch diese Regirung hätte den
Abgeordneten größere Befriedigung gewährt als der gewonnene
Fortschritt auf dem Wege zu ihrer Erfüllung. Ich schalte einige
Stellen aus der Rede ein, welche ich am 1. Juni 1865 für den
außerordentlichen Geldbedarf der Marine gehalten habe ?#).
„Es hat wohl keine Frage die öffentliche Meinung in Deutsch-
land in den letzten 20 Jahren so einstimmig interessirt wie grade
die Flottenfrage. Wir haben gesehn, daß die Vereine, die Presse,
die Landtage ihren Sympathien Ausdruck gaben, diese Sym-
pathien haben sich in Sammlung von verhältnißmäßig recht be-
deutenden Beträgen bethätigt. Den Regirungen, der conservativen
Partei wurden Vorwürfe gemacht über die Langsamkeit und über
die Kargheit, mit der in dieser Richtung vorgegangen würde;
es waren besonders die liberalen Parteien, die dabei thätig waren.
Wir glaubten deshalb, Ihnen eine rechte Freude mit dieser
Vorlage zu machen
Ich war nicht darauf gefaßt, in dem Bericht der Commission
eine indirecte Apologie Hannibal Fischer's zu finden, der die
deutsche Flotte unter den Hammer brachte. Auch diese deutsche
Flotte scheiterte daran, daß in den deutschen Gebieten, ebenso
in den höhern, regirenden Kreisen, wie in den niedern, die
Parteileidenschaft mächtiger war als der Gemeinsinn. Ich hoffe,
)) Oldenburgischer Staatsrath, der im Auftrage des Deutschen
Bundestags die Schiffe der 1848 gegründeten deutschen Flotte ver-
steigert hatte.
2) Vgl. Rede vom 1. Juni 1865, Politische Reden II 356 (2. Aufl.
S. 374).
*) Politische Reden II S. 355 ff. (2. Aufl. S. 373 ff.).