Full text: Die deutsche Kolonial-Gesetzgebung. Elfter Band. (11)

462 Dritter Teil. Bestimmungen für das Schutzgebiet Kiautschou. 
In der Regel sollen nur deutsche Reichsangehörige zugelassen werden, die 
die Befähigung zum Richteramte in einem deutschen Bundesstaate erworben 
haben. Im übrigen setzt der Oberrichter die Voraussetzungen der Zulassung 
sowie der Zurücknahme derselben fest. 
Gegen eine Verfügung, durch die ein Antrag auf Zulassung zur Ausübung 
der Rechtsanwaltschaft abgelehnt oder die Zulassung zurückgenommen wirıl, 
findet Beschwerde an den Reichskanzler (Reichs-Marine-Amt) statt. 
2. Für die Dienstverhältnisse der Notare bleibt die Verordnung vum 
18. Februar 1903 (Beilage zum Marineverordnungsblatt 1903 Seite IX) bestehen. 
$6. Gerichtsschreiber. 
1. Die Gerichtsschreiber werden vom Reichskanzler (Reichs-Marine-Amı) 
angestellt. Sie führen die Bezeichnung „Sekretär des Kaiserlichen Obergerichts 
bzw. Gerichts“, sofern ihnen nicht ein Titel besonders verliehen ist. 
2. Der Oberrichter kann die Geschäfte des Gerichtsschreibers einer 
anderen geeigneten, bei den Gerichten angestellten oder sonst beschäftigten 
Person übertragen. 
3. Die mit den Geschäften eines Gerichtsschreibers beauftragten Personen, 
die nicht bereits entsprechend beeidigt sind, haben vor Ausübung ihrer Verrich- 
tungen einen Eid dahin zu leisten: 
„Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, die 
Pflichten eines Gerichtsschreibers getreulich zu erfüllen, so wahr mir 
Gott heife.“ 
$7. Gerichtsvollzieher. 
Die Gerichtsvollzieher werden vom Reichskanzler ernannt. Solange be- 
sondere Beamte nicht ernannt sind, beauftragt der Oberrichter einen der Be- 
amten des Obergerichts oder des Gerichts mit der Wahrnehmung der Geschäfte. 
88 Privatklagesachen. 
(Zu $ 3 des Schutzgebietsgesetzes in Verbindung mit $ 19 Nr. 2 des Gesetzes 
über die Konsulargerichtsbarkeit.) 
1. Zur Vornahme des Sühneversuchs vor Erhebung einer Privatklage 
wegen Beleidigung (8 420 der Reichs-Strafprozeßordnung) ist der Oberrichter 
zuständig; er kann mit der Vornahme im Einzelfalle einen nichtrichterlichen 
Beamten beauftragen. 
2. Dem Beschuldigten ist beglaubigte Abschrift des Antrages auf \or- 
nahme des Sühneversuchs nebst Terminbestimmung nach den Vorschriften über 
Zustellungen in Strafsachen zuzustellen. Erscheint er im Sühnetermin nicht, sv 
wird angenommen, daß er sich auf die Sühneverhandlung nicht einlassen will. 
3. Eine Bescheinigung über die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs kann 
nur erteilt werden, wenn der Antragsteller im Termin erschienen ist. 
4. Die Vertretung der Parteien durch Bevollmächtigte ist unzulässig. U4c- 
brechliche Personen, Personen, die weder lesen noch schreiben können, und 
Minderjährige können nıit einem erwachsenen Angehörigen, Ehefrauen mit ihrem 
Ehemanne erscheinen; im übrigen ist die Zuziehung eines Beistandes unzulässig. 
sofern nicht der Oberrichter sie ausnahmsweise aus besonderen Gründen 
gestattet. 
5, Kommt im Termin ein Vergleich zustande, so ist er zu Protokoll fest- 
zustellen. Jeder Partei ist auf Antrag eine Ausfertigung gegen Erlegung der 
Schreibgebühren zu erteilen.
	        
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