Full text: Kriegs-Gesetze – Verordnungen und Bekanntmachungen Heft 1 (1)

Straferlasse. 
Gnadenerlaß des Kaisers betreffend Militärpersonen. 
Vom 1. August 1914. 
Ich will allen Personen des aktiven Heeres, der aktiven Marine 
und der Schutztruppen vom Feldwebel (Wachtmeister) oder Deck= 
offizier abwärts und allen unteren Militärbeamten des Heeres, der 
Marine und der Schutztruppen, soweit nicht einem der hohen Bundesfürsten 
das Begnadigungsrecht zusteht, die gegen sie von Militärbefehlshabern oder von 
Militärgerichten des Preußischen Kontingents, vom Gouvernementsgericht Ulm 
sowie von preußischen Gerichten und Verwaltungsbehörden verhängten Geld= und 
Freiheitsstrafen beziehungsweise den noch nicht vollstreckten Teil derselben aus Gnade 
erlassen, sofern: 
a) die lediglich wegen militärischer Verbrechen oder Vergehen ihnen auf= 
erlegten Strafen insgesamt fünf Jahre,  
b) die lediglich wegen gemeiner Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen 
ihnen an erster Stelle und an Stelle der Geldstrafen auferlegten Freiheits= 
strafen insgesamt ein Jahr, 
c) bei dem Zusammentreffen mililärischer und gemeiner Verfehlungen die 
wegen letzterer verhängten oder in Ansatz gebrachten Freiheitsstrafen 
ein Jahr, die Freiheitsstrafen insgesamt fünf Jahre 
nicht übersteigen. 
Ausgeschlossen von der Begnadigung sollen jedoch diejenigen Personen sein, 
1.   welche unter der Wirkung von Ehrenstrafen stehen, 
2.   welche wegen eines mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte be= 
drohten Verbrechens oder Vergehens verurteilt sind, auch wenn auf die 
Ehrenstrafe nicht erkannt ist, 
3.   welche während der Strafverbüßung, sofern diese bereits begonnen hat, 
oder während einer voraufgegangenen Untersuchungshaft sich schlecht 
geführt haben. 
Auf Personen des Beurlaubtenstandes vom Feldwebel (Wachtmeister) oder 
Deckoffizier abwärts findet vorstehende Ordre entsprechende Anwendung, sofern 
sie aus Anlaß der gegenwärtigen Mobilmachung einberufen werden und zur Ein= 
stellung gelangen. 
Ich beauftrage Sie, für die schleunige Bekanntmachung und Ausführung des 
Erlasses Sorge zu tragen. 
Wilhelm. 
Der Kriegsminister hat unterm 1. August diesen Allerhöchsten Gnadenerlaß 
zur Kenntnis der Armee gebracht und folgendes angeordnet: 
1. Sämtliche Personen, die eine im Disziplinarwege ihnen bis einschließlich heute 
auferlegte Strafe verbüßen, sind in Freiheit zu setzen. Soweit eine verhängte Strafe 
noch nicht angetreten ist, bleibt sie unvollstreckt. 
2. Von gerichtlichen Strafen kommen nur diejenigen in Betracht, die bis zum 
heutigen Tage einschließlich rechtskräftig verhängt sind. Die Ausführung des Gnaden= 
erlasses ist unverzüglich zu veranlassen: 
a) durch die Vorstände der Festungsgefängnisse, soweit die Strafverbüßung 
in letzteren erfolgt, 
b) durch die Gouverneure, Kommandanten oder Garnisonältesten in den 
Fällen, in denen die Strafen in einer Festungsgefangen=, Festungsstuben= 
gefangen= oder in einer Militärarrestanstalt verbüßt werden, mit Aus= 

	        
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