Prisenordnung. 71
33. Der Kommandant hat, sofern die Umstände dem nicht widersprechen, die
unter 32 bezeichnete feindliche Bestimmung als vorliegend anzusehen:
a) wenn die Sendung an eine feindliche Behörde oder
b) an einen in Feindesland ansässigen Händler gerichtet ist, von dem fest=
steht, daß er der Streitmacht oder den Verwaltungsstellen des feindlichen.
Staates Gegenstände der fraglichen Art oder Erzeugnisse aus ihnen liefert;
oder
c) wenn die Sendung nach einem befestigten Platz des Feindes oder
d) nach einem anderen Platz gerichtet ist, der der feindlichen Streitmacht als
Operations= oder Versorgungsbasis dient.
Kauffahrteischiffe selbst sind jedoch nicht schon um deswillen als für die feind=
liche Streitmacht usw. bestimmt, anzusehen, weil sie nach einem der zu c und d ge=
nannten Plätze fahren; es müssen vielmehr bei ihnen noch andere Umstände vor=
liegen, um die Annahme einer feindlichen Bestimmung gemäß 32 zu rechtfertigen.
34. Liegt keiner der unter 33 angeführten Fälle vor, so hat der Kommandant
eine feindliche Bestimmung im Sinne von Nr. 32 nur anzunehmen, wenn begründete
Aussicht besteht, deren Vorhandensein zu beweisen.
35. Die Gegenstände der relativen Konterbande unterliegen der Beschlagnahme
nur auf einem Schiff, das sich auf der Fahrt nach dem feindlichen oder vom Feind
besetzten Gebiet oder zur feindlichen Streitmacht befindet und das diese Gegenstände
nicht in einem neutralen Zwischenhafen ausladen soll, d. h. in einem Hafen, den das
Schiff vor dem Erreichen jenes Zieles anzulaufen hat.
36. Hat ein Schiff Gegenstände der relativen Konterbande an Bord, so ist den
Angaben der Schiffspapiere über seine weitere Fahrt und über den Ausladungsort
der Waren unbedingt Glauben zu schenken, es sei denn, daß das Schiff offenbar von
der nach seinen Schiffspapieren einzuhaltenden Fahrt abgewichen ist, ohne sich des=
wegen hinreichend rechtfertigen zu können, oder daß Tatsachen vorliegen, aus denen
sich unwiderleglich ergibt, daß die betreffenden Angaben der Papiere falsch sind.
37. Enthalten die Schiffspapiere keine Angaben über die weitere Fahrt des
Schiffes, oder stellen sie diesem frei, einen feindlichen Hafen anzulaufen, so kann der
Kommandant annehmen, daß es auf der Fahrt nach einem feindlichen Hafen be=
griffen ist.
Enthalten die Schiffspapiere keine Angaben über den Ausladungsort von
Gegenständen der relativen Konterbande, oder stellen sie dem Schiff frei, diese Gegen=
stände in einem feindlichen Hafen auszuladen, so kann der Kommandant — sofern
das Schiff einen feindlichen Hafen anlaufen darf oder soll — annehmen, daß die
fraglichen Gegenstände in diesem Hafen auszuladen sind.
38. Hat das feindliche Gebiet kleine Seegrenze, so tritt die Bestimmung der
Nr. 35 außer Kraft und es genügt dann schon die Erfüllung der unter 32 genannten
Bedingung, um die Beschlagnahme von Gegenständen der relativen Konterbande zu
rechtfertigen.
C. Behandlung der Schiffe und der Konterbande.
39. Befördert ein Schiff Gegenstände, die der Beschlagnahme als absolute
oder relative Konterbande unterliegen, so kann es auf hoher See oder in den Ge=
wässern der Kriegführenden während der ganzen Dauer seiner Reise aufgebracht
werden, selbst wenn es die Absicht hat, einen Zwischenhafen anzulaufen, bevor es
die feindliche Bestimmung erreicht.
40. Auf Grund einer früher ausgeführten, aber bereits vollendeten Beförderung
von Konterbande kann eine Aufbringung nicht bewirkt werden.
41. Schiffe, die selbst Konterbande sind, unterliegen der Einziehung.
Ein wegen Beförderung von Konterbande aufgebrachtes Schiff unterliegt der
Einziehung, wenn die Konterbande nach Wert, Gewicht, Umfang oder Fracht=
gebühren mehr als die Hälfte der Ladung ausmacht.